Der Tagesspiegel: Bundesumweltminister Gabriel zu IEA-Klima-Studie: "Das ist ein energiepolitischer Amoklauf. Unverantwortlicher kann man kaum mit diesem Thema umgehen"
Berlin (ots)
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) hat Forderungen der Internationalen Energieagentur (IEA) nach dem Neubau Hunderter Atomkraftwerke abgelehnt. "Das ist ein energiepolitischer Amoklauf. Unverantwortlicher kann man kaum mit diesem Thema umgehen", sagte der Minister dem in Berlin erscheinenden "Tagesspiegel". Wer derartigen Unsinn fordere, der dürfe sich über die Nuklearphantasien im Iran und in Nordkorea nicht wundern, sagte Gabriel weiter.
Die IEA mit Sitz in Paris hat im Auftrag der G-8-Staaten eine "Energierevolution» entworfen". Der am Freitag veröffentlichte Bericht rechnet mit notwendigen Investitionen in Höhe von 45 Billionen Dollar, um den Klimawandel noch stoppen zu können. Unter anderem solle von dem Geld der Bau von 1400 Kernkraftwerken und eine massive Ausweitung der Windkraft finanziert werden. Mit diesen Maßnahmen könnten die CO2-Emissionen bis 2050 auf die Hälfte des derzeitigen Niveaus gesenkt werden, heißt es in dem IEA-Bericht.
"Wir würden die Fähigkeit zum Bau von Atombomben schneller verbreiten, als wir es uns in den schlimmsten Zeiten des Kalten Krieges jemals hätten vorstellen können. Denn so viel Uran gibt es gar nicht mehr, so dass die Alternative eine weltweite Plutoniumwirtschaft wäre", sagte Gabriel weiter. Abgesehen davon, seien derartige Forderungen auch technisch völlig unrealistisch. Es gebe heute nur 439 Atomkraftwerke rund um den Globus, und von denen müssten rund 200 in den kommenden 20 Jahren aus Altersgründen abgeschaltet werden, erklärte der SPD-Politiker.
"Bauprojekte für neue Akw gibt es weltweit weniger als 30 - und davon sind einige mehr als 20 Jahre alt. Das Beispiel Finnland zeigt nämlich, dass die Projekte unwirtschaftlich und viel zu teuer sind. Zudem gibt es gar keine Baukapazitäten für die Projekte. Und wohin sollen wir eigentlich mit den radioaktiven Abfällen? Nirgendwo auf der Welt sind die Endlagerfragen geklärt! Wer angesichts dieser Realitäten den Neubau von 1400 Atomkraftwerken fordert, statt die erneuerbaren Energien auszubauen und die Energieeffizienz drastisch zu erhöhen, der soll sich besser einen Job auf Fantasy Island suchen als in der IEA", sagte Gabriel weiter.
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