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Der Tagesspiegel: Tagesspiegel Online exklusiv: Sporthistoriker: Michael Phelps ist nicht der größte Olympionike aller Zeiten

Berlin (ots)

Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen,
folgenden Text und folgende Zitate stellen wir Ihnen gern zur 
Verfügung. Bei Verwendung bitten wir um Nennung der Quelle 
"Tagesspiegel Online". Vielen Dank.
Obwohl Michael Phelps nach der Zahl der olympischen Goldmedaillen 
erfolgreicher ist als jeder andere Sportler, bestreiten 
Sporthistoriker, dass das den US-Schwimmer zum größten Olympioniken 
aller Zeiten macht. "Phelps ist ziemlich sicher der größte Schwimmer,
aber er hat keine darüber hinaus gehende Bedeutung", sagte der 
renommierte britische Sporthistoriker Richard Holt zu "Tagesspiegel 
Online". "Wie er selbst über sich sagt: Er isst, schläft und schwimmt
- vergleichen Sie das doch einmal mit dem Boxer Cassius Clay." Clay 
alias Muhammad Ali setzte sich gegen den Vietnamkrieg und für die 
Rechte der Schwarzen ein. Möglicherweise machten auch erst die 
Widerstände, gegen die ein Athlet zu kämpfen habe, einen wahren 
olympischen Helden aus, sagte Holt weiter. Anders als Phelps, der 
enorme Unterstützung erfahren habe, sei etwa Jesse Owens 1936 in 
Berlin mit dem "Nachteil" seiner (schwarzen) Hautfarbe angetreten und
die Niederländerin Fanny Blankers-Koen 1948 in London mit dem 
"Nachteil" des falschen Geschlechts - die zweifache Mutter (Spitzname
"Die fliegende Hausfrau") konnte damals gerade vier Stunden pro Woche
trainieren - und avancierte dennoch mit vier Goldmedaillen zum 
Superstar der Veranstaltung.
Auch der Berliner Sportphilosoph Gunter Gebauer meldet Zweifel an 
Phelps' Heldenstatus an: Die Vergabe des Titels "größter Olympionike 
aller Zeiten" an Phelps sei eine "typische Übertreibung der 
Amerikaner, die Größe anhand von Zahlen messen", sagte Gebauer zu 
"Tagesspiegel Online". "Dabei haben sie mit einem Jesse Owens, 
Muhammad Ali oder Carl Lewis doch die wahren Großen im eigenen Land."
Diese Sportler hätten Größe, weil sie einen bestimmten Stil pflegten.
"Da treffen sportliche Leistung und Persönlichkeit zusammen." 
Gebauer, der an der FU Berlin lehrt, nennt etwa Ästhetik oder 
Eleganz, wie sie ein Carl Lewis auch außerhalb des Wettbewerbs 
ausgestrahlt habe, als Kriterien für einen olympischen Helden. 
"Steigt Phelps aus dem Pool, ist von Ästhetik nicht viel zu spüren", 
spottete Gebauer. Wichtig sei auch das Überraschungsmoment, wenn etwa
ein weitgehend unbekannter Athlet wie der US-Weitspringer Bob Beamon 
mit einem Schlag zum Star werde. "Das bleibt unvergesslich", sagte 
Gebauer. "Bei Phelps dagegen fehlt doch jegliche Überraschung." Bei 
ihm gebe es keinerlei "mythische Dimension". Außerdem seien solche 
Erfolge in Serie, wie Phelps sie produziere, irgendwann "ermüdend".
Karl Lennartz, ehemaliger Präsident der "International Society of 
Olympic Historians", glaubt ebenfalls nicht an einen dauerhaften Ruhm
von Phelps. "Falls er an den Olympischen Spielen in vier Jahren nicht
mehr teilnimmt, ist er schnell vergessen", sagte der Kölner 
Sporthistoriker "Tagesspiegel Online". "Die meisten amerikanischen 
Helden gehen sehr schnell unter" - es sei denn, es seien Charaktere 
wie Muhammad Ali, Jesse Owens oder Carl Lewis. "Die Zahl der 
Medaillen alleine ist nicht ausschlaggebend, immerhin hat Muhammad 
Ali nur eine gewonnen."
Bei Rückfragen:
Juliane Schäuble
Tagesspiegel Online
Telefon 030/26009-683

Pressekontakt:

Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-308
Fax: 030-260 09-622
cvd@tagesspiegel.de


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