Der Tagesspiegel: Medizinexperte zum Skandal um geschönte Fachartikel: Tendenziöse Manuskripte sind weit verbreitet
Berlin (ots)
Der jetzt aufgedeckte Skandal, bei dem eine Pharmafirma einseitig berichtende Artikel in die Fachpresse geschmuggelt hat, ist nach Ansicht des Medizinexperten Gerd Antes keine Überraschung. "Das tendenziöse Verfassen von Fachartikeln ist gängige Praxis", sagte er dem Tagesspiegel (Ausgabe vom Freitag). Es gebe zahlreiche Agenturen, die darauf spezialisiert sind, Manuskripten den richtigen "Dreh" zu geben, auch in Deutschland.
Antes leitet das deutsche Cochrane-Zentrum in Freiburg, das gezielt Studien zu bestimmten medizinischen Themen auswertet, um einen Überblick über den aktuellen Wissensstand zu geben.
Laut einem Bericht der "New York Times" hatte der US-Pharmakonzern Wyeth mehrere Artikel für Fachzeitschriften von einer PR-Firma schreiben lassen, die dann im Namen "echter" Wissenschaftler veröffentlicht wurden. In den Beiträgen seien die Vorteile von Hormonersatztherapien während der Wechseljahre überaus positiv dargestellt und die Nebenwirkungen heruntergespielt worden. Dazu gehören beispielsweise ein erhöhtes Risiko für Brustkrebs und Herzinfarkt. Insgesamt 26 dieser positiven Beiträge hätten es demnach von 1998 bis 2005 in durchaus anerkannte Fachzeitschriften geschafft.
"Die gezielt tendenziöse Darstellung von Studienergebnissen ist kein Kavaliersdelikt", sagte Antes. "Wer das Bild eines medizinischen Zusammenhangs systematisch verzerrt, ist verantwortlich für Krankheit oder gar Tod unschuldiger Menschen."
Er fordert deshalb, endlich Sanktionen gegen unehrliche Autoren einzuführen. So sollten beispielsweise deren Manipulationsversuche veröffentlicht und sie selbst von den entsprechenden Fachjournalen gesperrt werden.
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