Pressestimmen: zu Stefan Heym und dem 17. Juni
Berlin (ots)
In den Tagen nach dem 17. Juni 1953 versuchte Stefan Heym in mehreren Zeitungsartikeln, den Aufstand zu erklären. Die offizielle DDR-Gewerkschaft ließ Heyms Artikel in einer Broschüre nachdrucken, um sie ihrem Verbandsorgan Tribüne" beizulegen und damit die Arbeiter wieder für den Sozialismus zu begeistern. Auflage: 300.000 Hefte. Titel: So liegen die Dinge - Offene Worte von Stefan Heym". Doch die Broschüre ist nie erschienen. Recherchen des Tagesspiegel in Heyms Nachlass haben jetzt ergeben, dass die 300.000 Hefte wegen eines kritischen Absatzes wieder eingestampft wurden - bis auf zwei Exem-plare. Sie liegen heute in Heyms Privatarchiv im englischen Cambridge, eines davon wurde dieser Zeitung zur Verfügung gestellt. Heym hatte in seiner Schrift Josef W. Stalin zitiert, der kurz vor dem Aufstand gestorben war. In einer Rede hatte der sowjetische Diktator einst seine Genossen vor Hochmut ge-warnt. Es ist klar, daß es Mängel gibt, die man ohne Angst vor Kritik aufdecken und dann beseitigen muß. Die Frage ist doch die: Entweder wir, die ganze Partei, erlauben den par-teilosen Bauern und Arbeitern, uns zu kritisieren, oder sie werden uns durch Aufstände kri-tisieren." Solche Worte wollte die DDR-Gewerkschaft ihren Arbeitern nicht zumuten. Sie ließ Heyms Broschüre neu drucken - in gleicher Auflage, mit gleichem Titel. Alles ist wie vor-her, nur der Absatz mit dem Stalin-Zitat fehlt", sagt Peter Hutchinson, Leiter des Heym-Archivs in Cambridge.
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel
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