Der Tagesspiegel: Der neue PEN-Präsidenten Jiri Grusa zum Streit um ein Denkmal für die deutschen Vertriebenen
Berlin (ots)
Der tschechische Schriftsteller und neue Präsident des internationalen PEN-Clubs Jiri Grusa plädiert im Gespräch mit dem Berliner "Tagesspiegel" gegen ein einseitig ausgerichtetes Denkmal oder Erinngerungszentrum für die deutschen Vertriebenen. Der langjährige tschechische Botschafter in Bonn und in Wien sagte der Zeitung: "Natürlich sollen auf jeder Seite die Verletzungen anerkannt und der kollektive Schmerz auch ausgedrückt werden. Nur müssen wir dann auch sehen, was der an-deren Seite zugefügt wurde. Der Zweite Weltkrieg ging von Deutschland aus, die 50 Millionen Opfer waren in der großen Mehrheit keine Deutschen wollen wir in Europa nun einen neuen Wald von Mahnmalen, wollen wir 50 neue Kriegs- oder Antikriegsmuseen? In London der Waterloo-Bahnhof und in Paris der Austerlitz-Bahnhof: Das bedeutete, die eigene Geschichte immer als Anti-Geschichte gegen andere zu sehen. Ein Denkmal, das dies alles mal bedenkt, existiert noch nicht."
Zur Frage der EU-Erweiterung äußert sich der 65-jährige Dichter und Diplomat als "erfahrener Pessimist". Grusa:"Ich sehe nur Risiken, wenn die Integration zu lange dauert. Dann wachsen an den Rändern die nationalistischen Fliehkräfte. Schon jetzt meinen viele, wir wollen nicht wie ein Stück Zucker im Kaffee aufgehen. Ich sage dann: So merken die anderen wenigstens, wie süß wir sind! Eine Gefahr ist, dass nicht sofort alle wirtschaftlichen Hoffnungen erfüllt werden und in den Beitrittslän-dern die Ostalgie wächst, wie in der Ex-DDR. Doch das Risiko, diese Länder nun mit sich allein außerhalb der EU zu lassen, wäre für alle Seiten größer als jede neue Spannung innerhalb der EU." Als neuer PEN-Präsident will er auch den möglichen politischen Missbrauch von Medienmacht (wie in Italien) thematisieren und den Dialog mit den islamischen Kulturen vorantreiben.
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