Der Tagesspiegel: NDR plant nach Rededuell-Absage Einzelinterviews mit Spitzenkandidaten
Hamburg (ots)
Nach der Absage von Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) beim Rededuell mit Thomas Mirow (SPD) hat der NDR entschieden, stattdessen Einzelinter-views mit den beiden Politikern zu führen. Der Zusammenschnitt wird am heutigen Mittwochabend an Stelle des platzten Fernseh-Duells gesendet. Im Gespräch mit dem Tagesspiegel antwortete der Chefredakteur des Norddeutschen Rundfunks Volker Herres auf die Frage, ob sich von Beust durch die Absage einen Vorteil verschafft habe: "Das ist eine Frage der politischen Bewertung. Ich schließe das nicht aus. Das kann man so sehen." Grundsätzlich ist der NDR-Chefredakteur der Ansicht: "Politiker haben eine Pflicht gegenüber der Öffentlichkeit, Rechenschaft abzu- geben." Rededuelle vor Landtagswahlen veranstalte der NDR seit neun Jahren, bisher habe es "eine solche Absage in keinem Fall gegeben. Die Frage, ob so et-was andere zur Wiederholungstat einlädt, halte ich für sehr berechtigt." Grundsätzlich müsse jeder, der sich einem Rededuell entziehe, "mit der politischen Beurtei-lung eines solchen Verhaltens rechnen".
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Das Interview im Wortlaut:
Herr Herres, NDR und Zuschauer wollten ein Streitgespräch. Nach von Beusts Absa-ge wurden für die Sendung am Mittwoch zwei Einzel- Interviews zusammengeschnitten. Diktieren jetzt die Politiker die journalistischen Formate? Nein, das ist hanebüchener Unsinn. Wenn Sie einladen zu einem Duell, sind Sie darauf angewiesen, dass die Eingeladenen kommen. Wenn einer absagt, können Sie das bedauern, was ich tue. Aber ich habe nicht die Möglichkeit, einen der beiden vorzuladen. Wir sind ein Sender und kein Gericht.
Beust sieht in Streitgesprächen schlechter aus als in Interviews. Hat er sich durch die Absage einen Vorteil verschafft? Das ist eine Frage der politischen Bewertung. Ich schließe das nicht aus. Das kann man so sehen.
Gibt es so etwas wie eine Informations- und Präsenzpflicht der Politiker im Wahlkampf? Das ist mehr eine demokratietheoretische Frage. Ich teile aber die Feststellung: Politiker haben eine Pflicht gegenüber der Öffentlichkeit, Rechenschaft abzugeben.
Das TV-Duell Stoiber Schröder war das erste dieser Art auf Bundesebene. Könnte damit nach Hamburg wieder Schluss sein? Ich halte es für ausgesprochen misslich, dass der Bürgermeister nicht bereit war, sich dem Duell zu stellen. Wir machen solche Duelle seit neun Jahren vor einer Landtagswahl; bisher hat es eine solche Absage in keinem Fall gegeben. Die Frage, ob so etwas andere zur Wiederholungstat einlädt, halte ich für sehr berechtigt. Ich hielte es für sehr bedenklich, wenn es so wäre. Sie können ein Duell nicht erzwin-gen. Im Bund gab es nie eines, weil Helmut Kohl als Kanzler dies immer abgelehnt hat.
Und im Norden? Unsere Ministerpräsidenten im Norden haben es immer gemacht, Ole von Beust auch, mit ihm habe ich zwei Duelle moderiert als er noch Oppositionsführer war. Jeder, der sich entzieht, muss mit der politischen Beurteilung eines solchen Verhaltens rechnen.
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel Hamburg
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