Der Tagesspiegel: Schönbohm zu Aufbau Ost: Deregulierung wichtiger als Fördermittel
Berlin (ots)
In der Debatte um die künftigen Weichenstellungen beim Aufbau Ost hat Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) ein vereinfachtes Planungsrecht und flexiblere Arbeitszeitgestaltungen für die neuen Bundesländer verlangt. Im Gespräch mit dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag" schlug er vor, eine Modellregion mit erweiterten Möglichkeiten, weniger Bürokratie und mehr Freiräumen zum Experimentieren zu schaffen. Wenn sich dies bewährt habe, können nachfolgend auch Verkrustungen in den alten Bundesländern aufgebrochen werden. Dann kann der Westen mal vom Osten lernen, sagte Schönbohm, der auch stellvertretender Ministerpräsident in Brandenburg ist. Schönbohm forderte für den Osten zugleich mehr Flexibilität beim Kündigungsschutz sowie die Möglichkeit, durch Lohnergänzungs- und Lohnzusatzleistungen den Anreiz zur Aufnahme von Arbeit zu erhö-hen. Gebraucht werde in den neuen Ländern künftig eine Kombination von drei Maßnahmen: Pflege und Ausbau der leistungsfähigen Standorte, Weiterentwicklung der Ver- kehrsinfrastruktur einschließlich des Interregio-Programms der Bahn und die stärkere Förderung von Selbstständigen im ländlichen Raum. Um mehr Eigeninitiative zu wecken, sei für ihn Deregulierung bei den Gesetzen wichtiger als Fördermittel.
Schönbohm lehnte Vorstellungen aus dem Beraterkreis der Bundesregierung ab, zentral über ausbaufähige Wachstumszentren in den neuen Ländern zu entscheiden. Wenn eine Zentralbürokratie in Berlin sagt, wo das Geld hingeht, wo Cluster sind und wo nicht, dann solle man gleich sagen, wir wollen einen Zentralstaat einführen und die Bundesländer abschaffen. Schönbohm forderte von Arbeitnehmern auch mehr Flexibilität. Industriekerne könnten nicht auf das Land verpflanzt werden. Wir müssen uns daran gewöhnen, dass es nicht unzumutbar ist, dass Arbeitnehmer eine bis anderthalb Stunden pendeln. Der CDU-Politiker gab zu, dass in den neuen Bundesländern Fehler gemacht und Solidarpaktmittel nicht für ihren eigentlichen Zweck verwendet worden seien. So seien in Brandenburg nur 30 bis 35 Prozent der Gelder für den Aufbau einer selbsttragenden Wirtschaft, eingesetzt worden. Wenn wir in der nächsten Legislaturperiode nicht konsequent umsteuern, dann hat Brandenburg keine Chance. Dann wird Brandenburg irgendwann ein Land mit einem Staatskommissar, sagte Schönbohm. Enttäuscht äußerte sich Schönbohm über Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). Die emotionale Bedeutung der deutschen Ein-heit, der Begriff der Nation, der den West-Ost-Transfer erklären kann all das ist nicht seine Sache.
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