Der Tagesspiegel: Ökonom Adam S. Posen: Keine Rücksicht auf den EU-Stabilitätspakt
Berlin (ots)
Berlin. Deutschland sollte bei seiner Finanzpolitik auf den EU- Stabilitätspakt keine Rücksicht mehr nehmen. Das fordert der amerikanische Ökonom Adam S. Posen, Finanzexperte vom Washingtoner Institute for International Economics (IIE) im Gespräch mit dem "Tagesspiegel" (Montagausgabe). "Deutschland hat wegen des Paktes seit 2001 eine zu zaudernde Finanzpolitik betrieben und die Wirtschaftskrise nicht wirkungsvoll bekämpfen können", sagte Posen im Vorfeld des Urteils, das der Europäische Gerichtshof am Dienstag zum Streit um den Stabilitätspakt fällt. Nötig sei eine entschlossene finanzpolitische Reaktion des Staates gewesen - die aber habe der Pakt unterbunden.
Zusätzliche Staatsschulden hätten nach Posens Ansicht keine negativen Auswirkungen auf den Euro. Die Währung sei jetzt etabliert, habe im Vergleich zum Dollar aufgewertet, und Inflationsdruck ist in den kommenden Monaten kein Thema. "Es kann sogar gut sein für die Währung, wenn die Regierungen auf Krisen mit einer antizyklischen Finanzpolitik reagieren - so schaffen sie mehr Wachstum." In diesem Zusammenhang empfahl Posen der Bundesregierung "kräftige Steuersenkungen". Die seien "psychologisch wichtig, denn dann fühlen sich die Menschen vom Staat nicht mehr so bedrängt". Außerdem würden Arbeitsmarkt und Einzelhandel davon profitieren. Zusätzliches Geld in die Infrastruktur zu stecken hält Posen für sinnlos - "die bewirken oft nur ein Strohfeuer, und gerade Deutschland ist mit Straßen und Schienen gut ausgestattet". Wenn über Steuersenkungen ein stärkeres Wachstum geschaffen werde, werde auch das Umfeld für neue Reformen besser.
Die Konjunkturaussichten Deutschlands seien trotz der Reformen nur mäßig, prognostizierte Posen. Ein stärkeres Wachstum als "anderthalb bis zwei Prozent" werde es auch 2005 nicht geben. Gefahren gingen vom hohen Ölpreis und steigenden EZB-Leitzinsen aus. Die Reformen der Agenda 2010 würden aber beim nächsten kräftigen Aufschwung ihre Wirkung zeigen und die Beschäftigungsschwelle spürbar senken.
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