Der Tagesspiegel: Debatte um längere Arbeitszeit: Kannegiesser wirft Müntefering Industriefeindlichkeit vor
Berlin (ots)
Der Präsident des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall, Martin Kannegiesser, hat dem SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering Industriefeindlichkeit vorgeworfen. "Wir erleben derzeit eine überdrehte Debatte, da sage ich, man sollte die Kirche im Dorf lassen", sagte Kannegiesser dem Tagesspiegel (Montagsausgabe). Die jüngste Stellungnahme von Müntefering, der im Streit um längere Arbeitszeiten Unternehmen vorgeworfen hatte, das Rad um 100 Jahr zurückdrehen zu wollen, sei "ein Stück Industriefeindlichkeit, die uns schon genug Probleme bereitet hat. Wir brauchen Menschen in Führungspositionen, die erklären und erläutern, Zusammenhänge deutlich machen und den Menschen reinen Wein einschenken", sagte Kannegiesser.
Die Dauer der Arbeitszeit sei ein "Instrument zur Anpassung an die Realität. Es kann doch nicht unzumutbar sein, die Arbeitszeit auf einen Level zu bringen, wie ihn vergleichbare Industrieländer haben." "In manchen Fällen wird es erforderlich sein, von herkömmlichen tariflichen Standards abzuweichen", sagte der Gesamtmetall-Präsident weiter. Viele Unternehmen hätten keine andere Wahl, wenn sie die industrielle Fertigung hier halten wollten. "Und unsere Volkswirtschaft und die Gesellschaft insgesamt haben keine andere Wahl, wenn wir unseren Lebensstandard einigermaßen halten wollen. Umgekehrt muss aber auch die Bereitschaft in den Betrieben da sein, den einzelnen Arbeitnehmer dafür zu belohnen, wenn bestimmte Ziele erreicht werden." Wenn man "die Dinge ins Lot" bringen wolle gehörten Prämien dazu. "Das wird dazu beitragen, dass in den Betrieben das Bewusstsein für Fairness wächst und keine Glaubwürdigkeitslücke entsteht."
Kannegiesser äußerte Verständis für die Führung von Daimler-Chrysler im Streit um die Fertigung der nächsten C-Klasse: "Wenn ich ein neues, für das Unternehmen tragendes Produkt bringe wie die nächste C-Klasse, dann brauche ich dazu eine Kostenstruktur, die sich mit den wichtigsten Wettbewerbern vergleichen kann. Sonst habe ich bald ein Absatzproblem." Auch Siemens-Chef Heinrich von Pierer habe sich sehr verantwortlich verhalten, als er die Beschäftigten in zwei Handy-Werken zum massiven Verzicht bewegte und gleichzeitig die Arbeitsplätze für zwei Jahre sicherte. "Von Pierer muss sich vorrangig darum bemühen, Siemens auf den Weltmärkten in eine gute Position zu bringen. Sonst wird Siemens von anderen weggebürstet. Aber gleichzeitig sagt er, wenn irgendwie möglich, will ich Arbeitsplätze in Deutschland halten. Ein guter Unternehmer versucht, beide Ziele zu vereinen", sagte Kannegiesser dem Tagesspiegel.
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