Der Tagesspiegel: Kampf gegen Drogenanbau in Afghanistan: Union offen für Änderung des Bundeswehr-Mandats
Berlin (ots)
Die Bundeswehr muss sich in Afghanistan offenbar auf eine Erweiterung ihrer Aufgaben einstellen. Sowohl im Verteidigungsministerium wie auch in den sicherheitspolitischen Kreisen hat sich nach Informationen des Tagesspiegels die Ansicht durchgesetzt, dass das Land nicht zu stabilisieren ist, wenn der Kampf gegen die Drogenproduktion nicht verstärkt wird. Bislang ist die Zerstörung der Schlafmohnfelder allein Aufgabe amerikanischer und britischer Truppen. Im Rahmen einer Aufgabenteilung beteiligen sich die deutschen Soldaten bislang nicht am Kampf gegen den Drogenanbau. "Das ist nicht mehr durchzuhalten. Wir dürfen nicht an Dogmen festhalten", sagte der verteidigungspolitische Sprecher der Union, Christian Schmidt (CSU), am Montag dem Tagesspiegel. Die Opposition war bisher strikt gegen einen Anti-Drogen-Einsatz der Bundeswehr. Inzwischen sei aber allen klar, dass es keine erfolgreiche Terrorbekämpfung ohne Bekämpfung des Drogenanbaus geben werde, sagte Schmidt. "Und neue Umstände fordern eine neue Bewertung der Ausgangslage. Daher müssen wir darüber reden, ob wir nicht das Mandat ändern müssen." Auch Verteidigungsminister Peter Struck (SPD) wolle Anfang des nächsten Jahres über dieses Thema reden, hieß es in informierten Kreisen. Offen ließ Schmidt, ob für eine aktivere Rolle der Bundeswehr das Kontingent aufgestockt werden müsse. Er wies allerdings darauf hin, dass sich die Sicherheitslage für die deutschen Soldaten auf jeden Fall verschärfen würde, auch wenn die Bundeswehr nicht aktiv Mohnfelder zerstören würde. "Die betroffenen Afghanen werden kaum den feinen Unterschied zwischen den Uniformen machen." Derzeit stellt die Bundeswehr rund 2240 Soldaten für die Internationale Schutztruppe für Afghanistan (Isaf). Aktiv dürfen die deutschen Soldaten in Afghanistan bisher nicht gegen die Drogenproduktion vorgehen, weil das Bundestagsmandat dies nicht erlaubt. Bereits jetzt aber leisten die Soldaten den USA und Großbritannien logistische Hilfe und liefern vor allem durch ihre Regionalen Wiederaufbauteams in Kundus und Faisabad Informationen. Schmidt bezieht sich mit der Neubewertung der Lage auf die Tatsache, dass Afghanistan drei Jahre nach dem Sturz der Taliban wieder zum weltweit größten Produzenten von Rohopium geworden ist, dem Grundstoff für Heroin. Nach dem im November veröffentlichen Bericht des für Drogen und Kriminalität zuständigen UN-Büros (UNODC) hat der Schlafmohnanbau in Afghanistan in diesem Jahr um insgesamt 64 Prozent zugenommen. Auch der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, sagte dem Tagesspiegel, die Lage in Afghanistan müsse neu bewertet werden. Auf Dauer sei die Aufgabe von Amerikanern und Briten nicht allein zu leisten. "Deswegen sehe ich auch diese Aufgabe auf die deutschen Soldaten zukommen. Das setzt aber einen entsprechenden Beschluss des Bundestages voraus."
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