Der Tagesspiegel: Frank Baumbauer äußert sich zur Berliner Theatersituation
Berlin (ots)
In einem Gespräch mit dem Tagesspiegel (Ausgabe vom 19. 1. 2005) äußert sich Frank Baumbauer, Intendant der Münchner Kammerspiele und einer der erfolgreichsten deutschen Theaterleiter der letzten Jahre, über die Berliner Theatersituation. Wörtlich sagt Baumbauer: "Berlin ist eine der spannendsten Theaterstädte überhaupt. Ein Teil unseres Münchner Ensembles fragt mich ab und zu und nicht unernst, ob diese Kammerspiele nicht nach Berlin aufbrechen könnten. Viele wollen nach Berlin. Berlin ist ein hochattraktiver Ort, gerade auch für Künstler im Aufbruch. Man könnte hier ohne Mühe die allerbesten Ensembles zusammenholen. Auf diesen Magneten, diese Attraktivität der Stadt Berlin kann man manchmal nur neidvoll blicken. " Baumbauer spricht sich für eine Verlängerung des Vertrags von Bernd Wilms am Deutschen Theater aus. Zur Situation am DT erklärt er: "Was das Deutsche Theater jetzt braucht, ist eine Phase der Konzentration und Zeit. Herr Flierl oder Herr Wowereit sollten auf Bernd Wilms zugehen und ihn bitten, seinen Vertrag um zwei oder drei Jahre zu verlängern. Sieben oder acht Jahre sind eine gute Intendanz- Strecke. Dann schreiben wir das Jahr 2008 bzw. 2009. Es gibt dann auch wieder genügend Intendanten, die kompetent und bereit wären. Weshalb soll man ein Haus, das so erfolgreichen Inszenierungen produziert, mit Gewalt umbauen? Jeder Intendant und jedes neue Team brauchen Zeit, bis ihr Theater sich entwickelt. Was dem Haus jetzt am schlechtesten bekäme, wäre eine schnelle, ungeduldige Lösung - und Wilms' Nachfolger braucht dann wieder drei Jahre, um ein eigenes Profil zu entwickeln. Man kann doch nicht ständig von Aufbau- und Übergangszeiten reden. Ich halte nichts von Intendanzen auf Lebenszeit, es gibt sicher auch so etwas wie ein Verfallsdatum. Aber diese kurzen Zeiten, in denen sich nichts entwickeln kann, beschädigen das Theater. Wilms Vertrag sollte verlängert werden, um diese Chancen zu nutzen. Allerdings müsste der Wunsch, weiter mit Wilms zu arbeiten, auch aus dem Theater, aus dem Ensemble kommen. Ich wollte in Hamburg auch nach fünf Jahren aufhören und wurde in einer Ensembleversammlung gedrängt, noch zwei Jahre zu verlängern. So etwas könnte doch auch in Berlin passieren. Wenn der Impuls aus dem Haus fehlt, wird es schwierig. Es wäre natürlich sehr elegant, wenn die Findungskommission die Idee, Wilms zu bitten, seinen Vertrag zu verlängern, auch nicht schlecht fände. Auf gar keinen Fall sollte man jetzt über Interimslösungen nachdenken. Interimszeiten sind tote Zeiten für ein Theater, alle warten und leiden, und alles löst sich auf. Das ist genau so falsch wie eine überhastete, übereilte Neubesetzung."
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