Der Tagesspiegel: Ich-AGs unterlaufen Mindestlohn
Berlin (ots)
Die Bauindustrie und unabhängige Experten warnen in der Debatte um Mindestlöhne vor zu großen Erwartungen. Angesichts des Trends zu Ich- AGs sei die Wirkung von Mindestlöhnen nur sehr begrenzt. "Bei all den Selbstständigen, die derzeit auf den Markt drängen, funktioniert das nicht", sagte Jens Wohlfeil vom Zentralverband des deutschen Baugewerbes dem "Tagesspiegel" (Dienstagausgabe). Hagen Lesch, Tarifexperte des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), befürchtet sogar, dass Mindestlöhne den Trend zur Ich-AG noch beschleunigen: "Das wird den Anreiz, Scheinselbstständige einzustellen, deutlich erhöhen."
Dagegen betonten Gewerkschaftsvertreter die Notwendigkeit eines Mindestlohns, "damit auch in Zukunft Menschen von ihrer Arbeit leben können", wie der zweite IG-Metall-Vorsitzende Berthold Huber dem "Tagesspiegel" sagte. Margret Mönig-Raane, stellvertretende Vorsitzende der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi, geht die geplante Ausweitung der Mindestlohnregelung aus der Bauwirtschaft auf andere Branchen nicht weit genug. "Das setzt voraus, dass es überhaupt einen Tarif gibt", sagte Mönig-Raane. In vielen Dienstleistungsbereichen sei das aber nicht der Fall. "Wir brauchen deshalb einen gesetzlichen Mindestlohn", forderte die Gewerkschafterin. "Was die Engländer können, sollte auch bei uns möglich sein."
Die in der Bauwirtschaft bereits geltenden Mindestlöhne sind Verbandsangaben zufolge viel zu hoch. "Unternehmen, die diesen Lohn zahlen, gehen pleite", sagte Wolf Burkhard Wenkel, Geschäftsführer des Zweckverbunds Ostdeutscher Bauverbände (ZVOB), dem "Tagesspiegel". Probleme sieht Wenkel vor allem dort, wo Ost- und Westlöhne aufeinander treffen: "Berlin ist eine Insel mitten im Billiglohnland." Niemand könne kontrollieren, ob Brandenburger Unternehmen, die in Berlin tätig sind, den West-Lohn zahlen. Schätzungen zufolge arbeite in Berlin jeder zweite Bauarbeiter schwarz.
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