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Der Tagesspiegel

Der Tagesspiegel: Kritik an Müntefering aus SPD-nahem Managerkreis

Berlin (ots)

Berlin - Der Sprecher des SPD-nahen
Managagerkreises der Friedrich- Ebert-Stiftung, Ulrich Pfeifer, hat
die Kapitalismuskritik von SPD- Chef Franz Müntefering als „überzogen
und verzerrt" zurückgewiesen. „Diese Rede war propagandistisch
verständlich, lässt aber die Ursachen der Entwicklung völlig außer
Acht", sagte er dem in Berlin erscheinenden Tagesspiegel am Sonntag.
Mit seiner einseitigen Schuldzuweisung an das Kapital habe
Müntefering „die eigentlichen Probleme versteckt", bemängelte
Pfeiffer. „Es ist völlig klar: Die deutschen Arbeitnehmer stehen
heute einem brutaleren Wettbewerb gegenüber als vor 20 Jahren. Aber
der deutsche Abstieg liegt vor allem am Staatsversagen und weniger am
Marktversagen. Dem muss sich die SPD stellen, sonst wird sie
unglaubwürdig." Als Beispiele nannte der Berliner
Unternehmensberater, der seit 40 Jahren der SPD angehört,
jahrzehntelange Versäumnisse in der Bildungs-, der Steuer- und der
Einwanderungspolitik.
Müntefering hatte in einer Rede am Mittwoch zum Grundsatzprogramm
seiner Partei „die totale Ökonomisierung eines kurzatmigen Profit-
Handelns" für die schwindende Handlungsfähigkeit des Staates
verantwortlich gemacht. Pfeiffer sagte hingegen, von einer Ohnmacht
der Nationalstaaten könne angesichts des Aufstiegs von Finnland,
Irland, Taiwan, Singapur oder Portugal keine Rede sein. „Sie haben
den Standortwettbewerb der Staaten perfekt bewältigt."
Pfeiffer nahm die Wirtschaft gegen Vorwürfe Münteferings in
Schutz. Das so genannte Kapital sei abgesehen von Einzelfällen nicht
gieriger geworden als etwa 1960. Es müsse unter den veränderten
Bedingungen aber schneller, sensibler und auch härter reagieren, um
Arbeitsplätze zu erhalten:„Im globalen Wettbewerb werden die
Unternehmen getrieben, ihre Möglichkeiten zu nutzen. Es macht keinen
Sinn, dagegen anzupolemisieren. Auf diese Entwicklung muss man mit
Strukturreformen reagieren." Notwendig sei in Deutschland etwa ein
effizienteres Bildungswesen und ein klares, von Subventionen
bereinigtes Steuersystem. „Der Aufstieg kann nur durch einen
moderneren Staat ermöglicht werden."
Zugleich äußerte Pfeiffer Zweifel daran, dass sich Münteferings
Kapitalismuskritik bei Wahlen für die SPD auszahlen werde.
„Formulierungen aus dem Vokabular des Sozialismus ziehen die Wähler
aus der Mitte nicht an", sagte Pfeiffer.
Inhaltliche Fragen richten Sie bitte an:
Der Tagesspiegel, Ressort Politik, Tel: 030-26009-295
ots-Originaltext: Der Tagesspiegel

Rückfragen bitte an:

Der Tagesspiegel
Thomas Wurster
Chef vom Dienst
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
Email: thomas.wurster@tagesspiegel.de

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