Der Tagesspiegel: Finanzministerium will auf Reichensteuer verzichten
Experten haben verfassungsrechtliche Bedenken
Kürzung der Pendlerpauschale auch für Fernpendler?
Berlin (ots)
Berlin - Die große Koalition wird höchstwahrscheinlich auf die Einführung einer Reichensteuer zum Januar 2007 verzichten. Das ließ das Bundesfinanzministerium bei einem Treffen mit Steuerexperten von Union und SPD am Montag in Berlin durchblicken, wie der Berliner "Tagesspiegel" in seiner Dienstagsausgabe meldet.
Nach Ansicht der Beamten von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) ist die auf Drängen der SPD im Koalitionsvertrag festgeschriebenene Zusatzsteuer für Reiche mit der Verfassung nicht in Einklang zu bringen. In den Koalitionsverhandlungen hatte die Union darauf bestanden, dass gewerbliche Einkünfte der Zusatzbesteuerung nicht unterworfen werden dürfen. Eine verfassungsmäßig eindeutige Trennung von privaten und gewerblichen Einkünften bei der Steuererhebung ist nach Ansicht der Finanzbeamten jedoch nicht möglich. Weil die stärkere Heranziehung Reicher zur Finanzierung des Sozialstaates zu den politischen Kernzielen der SPD gehört, will Steinbrück den Koalitionsausschuss von Union und SPD am 1. Mai darüber entscheiden lassen. Im letzten Herbst hatten Union und SPD vereinbart, Personen, die im Jahr mehr als 250000 Euro zu versteuern haben (Verheiratet: 500000 Euro), eine Zusatz-Einkommenssteuer von 3 Prozent zahlen zu lassen. Der Bund rechnet daraus mit Mehreinnahmen von rund einer Milliarde Euro.
Neu verhandeln muss der Koalitionsausschuss Anfang kommender Woche auch die geplante Kürzung der Pendlerpauschale. Auch hier sieht das Ministerium von Steinbrück praktische Probleme bei der Umsetzung des Kompromisses aus dem Koalitionsvertrag. SPD und Union wollten darin ursprünglich die Pauschale für die ersten 20 Kilometer Fahrtweg zur Arbeit abschaffen. Weil diese Lösung neben rechtlichen auch Umsetzungsprobleme birgt, will Steinbrück dem Koalitionsausschuss nun nach Informationen des "Tagesspiegel" die Kürzung der Pendlerpauschale für alle vorschlagen.
Ebenfalls unklar, und deshalb Gegenstand der Beratungen im Koalitionsausschuss, wird die Kürzung von Kindergeldzahlungen ab dem 25. Lebensjahr. Weil die Umsetzung der Kürzung erhebliche rechtliche Probleme aufwirft, will Steinbrück sie auf 2008 und später verschieben. Im Koalitionsvertrag ist vereinbart, Kindern in Zukunft nicht mehr bis zum 27. sondern nur noch bis zum 25. Lebensjahr Kindergeld und Kinderfreibeträge zu gewähren.
Inhaltliche Rückfragen richten Sie bitte an: Der Tagesspiegel, Ressort Politik, Tel. 030/26009-402 (Rainer Woratschka) oder -389.
Rückfragen bitte an:
Der Tagesspiegel
Chef vom Dienst
Thomas Wurster
Telefon: 030-260 09-419
Fax: 030-260 09-622
thomas.wurster@tagesspiegel.de
Original-Content von: Der Tagesspiegel, übermittelt durch news aktuell