Der Tagesspiegel: Thierse nennt Gehaltserhöhung für Siemens-Vorstände "obszön und unanständig"
Berlin (ots)
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die geplante Erhöhung der Vorstandsgehälter bei der Siemens AG scharf kritisiert. Der Aufschlag von durchschnittlich 30 Prozent sei "schlicht obszön und auf skandalöse Weise unanständig", sagte er dem "Tagesspiegel" (Donnerstagausgabe). Wenn die Bezüge trotz Misserfolgen und Entlassungen erhöht würden, müsse dies die Menschen massenhaft aufregen. Dieses Verhalten sei "asozial, weil es die Gemeinschaft und ihre Grundüberzeugungen von Gerechtigkeit und Solidarität beschädigt".
Auch aus der Union kam Kritik. Der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Arbeit und Soziales, Gerald Weiß (CDU), bezeichnete die Gehaltssteigerung als "empörend und extrem unangemessen". In Zeiten, in denen Rentner mit Nullrunden konfrontiert und Arbeitnehmer Reallohneinbußen hinnehmen müssten, seien Gehaltssteigerungen im deutschen Topmanagement "eine Provokation". "Man sollte doch meinen, dass ein Manager, der über drei Millionen Euro im Jahr verdient, drei Jahre ohne Gehaltssteigerung auskommt." Weiß forderte den Aufsichtsrat von Siemens auf, seiner Prüfungspflicht "gewissenhaft und mit den notwendigen moralischen Maßstäben" nachzukommen. Einen staatlichen Eingriff zur Deckelung von Managergehältern lehnte Weiß ab. "Das bringt nichts und treibt nur die Unterenehmen außer Landes." Es gehe hier auch nicht um justiziable, sondern um moralische Maßstäbe.
Aktionärsvertreter sahen den Plan zwiespältig. Zwar sei der Zeitpunkt für die Erhöhung "denkbar schlecht gewählt", befand Ulrich Hocker, Hauptgeschäftsführer der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW), im Gespräch mit dem "Tagesspiegel". Zudem sei die bisherige Arbeit des Vorstands "in gewissen Sachen nicht so überzeugend", und man müsse "aufpassen, dass wir keine sozialen Unruhen bekommen bei solchen Nachrichten." Allerdings sei eine Erhöhung der Bezüge an der Zeit gewesen. Außerdem sei der Arbeitsmarkt für Manager international. "Ich finde es gut, dass die Bezüge nun direkt an den Aktienkurs gekoppelt sind", sagte Hocker. Damit wirke sich die Performance des Unternehmens direkt auf das Gehalt aus. "Wer gute Arbeit leistet, bekommt gutes Geld, wer schlecht arbeitet, verdient wenig."
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