Der Tagesspiegel: Debatte um Kritik von Wulff an Berlin
Berlin (ots)
Die harsche Kritik des niedersächsischen Regierungschefs Christian Wulff (CDU) an der Hauptstadt, in der immer noch eine "ausgemachte Subventionsmentalität" herrsche und in der die Leistungsträger an den Rand gedrängt würden, hat zu empörten Reaktionen geführt. "Das sind Vorurteile der untersten Kategorie", sagte Berlins Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) dem "Tagesspiegel am Sonntag". Wulff erweise sich als "Groß-Provinzler von unmittelbar hinterm Deich".
Der Berliner SPD-Landes- und Fraktionschef Michael Müller reagierte auf Wulffs Kritik kurz und knapp. "Das ist Niveau aus der untersten Schublade. Wer Berlin und die Berliner derartig beleidigt, disqualifiziert sich als Ministerpräsident eines Landes selbst", sagte Müller dem "Tagesspiegel am Sonntag". Auch der FDP-Landeschef Markus Löning bezeichnete Wulffs Kritik im "Tagesspiegel am Sonntag" als "pauschale Diffamierung der Berliner". Berlin sei in der Medien- und Gesundheitsbranche sehr gut ausgestattet. Nur müsse Rot-Rot endlich mehr Investoren in die Stadt bringen, die Arbeitsplätze schaffen würden.
Der Berliner CDU-Fraktionschef Friedbert Pflüger, der bei Wulffs Rede anwesend war, hat eine andere Wahrnehmung. Die Kritik sei an den rot-roten Senat gerichtet gewesen. "Berlin hat seine Möglichkeit zur Strukturreform nicht ausgeschöpft. Wulffs Kritik ist absolut berechtigt", sagte Pflüger dem "Tagesspiegel am Sonntag". Wowereit hätte nach dem Karlsruher Urteil von einigen Vorhaben - wie die Einführung von drei kostenlosen Kita- Jahren - Abstand nehmen müssen.
Auch Grünen-Fraktionschef Volker Ratzmann kann die Wulff-Äußerung über Wowereits Haltung nach dem Karlsruher Urteil als "postpubertierende Trotzhaltung" nachvollziehen. Wowereit habe mit seiner Kritik an die Bundespolitik viel Porzellan zerschlagen. Er sei "kein Botschafter für die Stadt". Warum Wowereit noch nicht alle Ministerpräsidenten "zusammengetrommelt" habe, um mit ihnen über die Rolle Berlins als Hauptstadt zu sprechen, sei ihm unverständlich, sagte Ratzmann dem "Tagesspiegel am Sonntag".
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