Der Tagesspiegel: Die große Koalition will die Patientenverfügung jetzt gesetzlich regeln
Berlin (ots)
SPD und Union wollen die Patientenverfügung gesetzlich regeln. Dafür soll es zu Beginn des Jahres 2007 zwei unterschiedliche Gruppenanträge im Parlament geben.
Ein Gesetzentwurf aus Reihen der SPD schlägt vor, dass eine Patientenverfügung generell bindend sein soll. Und zwar "unabhängig von Art und Stadium der Erkrankung" wie es in dem Entwurf heißt. Nur bei Zweifeln über den mutmaßlichen Patientenwillen entschiede das Vormundschaftsgericht. "Das Selbstbestimmungsrecht der Patienten hat Vorrang," sagte der federführende SPD-Rechtspolitiker Joachim Stünker dem Tagesspiegel.
Auch die Union, strebt eine "grundsätzlich bindende" Patientenverfügung an, wie es in einer Vorlage des Rechtspolitikers Wolfgang Bosbach (CDU) für die Fraktion heißt, auf deren Grundlage jetzt ein Gesetzentwurf formuliert wird. Jedoch macht Bosbach eine entscheidende Einschränkung: Eine lebenserhaltende medizinische Maßnahme dürfe nur abgebrochen werden, "bei irreversiblen Grundleiden, die trotz medizinischer Heilbehandlung einen tödlichen Verlauf genommen haben" - die sogenannte Reichweitenbeschränkung.
Eine Ausnahme bei der Reichweitenbeschränkung schlägt aber auch Bosbach vor: Bei Menschen, die über lange Zeit ohne Bewußtsein sind, etwa in einem stabilen Wachkoma verharren, und "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" das Bewußtsein niemals wiedererlangen werden. Auch in diesen Fällen solle bei vorliegender entsprechender Patientenverfügung eine lebenserhaltende Medizin abgesetzt werden.
Bisher ist eine schriftlich hinterlegte Patientenverfügung für Mediziner nicht bindend. In einer Patientenverfügung kann niedergelegt werden kann, welche Behandlung man sich für den Fall, in dem man sich nach einem Unfall oder bei einer schweren Krankheit nicht mehr selbst äußern kann, wünscht oder nicht mehr wünscht
Angesichts der grundlegenden Differenzen wird es einen Gesetzentwurf der Koalition nicht geben. Allerdings haben sich die Rechtspolitiker auch bereits verständigt, dass es keine Fraktionsanträge geben wird. Zu heikel die Materie, zu individuell das ethische Empfinden. Deshalb wollen Union und SPD zu Beginn des Jahres ihre beiden Vorschläge als Gruppenanträge auf den Weg bringen. Die Mehrheit soll im Plenum des Bundestages über alle Parteigrenzen hinweg gefunden werden.
An einer konsensualen Regelung dieser schwierigen Frage hatten sich bereits Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) und die Enquetekommission des Bundestages in der letzten Legislaturperiode ohne Erfolg versucht.
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