Der Tagesspiegel: Irak-Ermittlungen gegen deutsche Unternehmen verlaufen im Sande
Berlin (ots)
Deutsche Unternehmen kommen bei den bundesweiten Ermittlungen wegen Verstößen gegen das Irak-Embargo glimpflich davon. Das ergibt sich aus Recherchen des Tagesspiegels (Dienstagausgabe) bei den etwa zwei Dutzend beteiligten Staatsanwaltschaften. Etwa die Hälfte der rund 60 Ermittlungsverfahren laufen noch, die übrigen sind überwiegend ohne jegliche Sanktionen eingestellt worden. Nur sechs Verfahren wurden gegen Geldauflagen eingestellt oder stehen kurz davor. Möglich ist das nach Paragraf 153a der Strafprozessordnung. In einem Fall wurde ein Strafbefehl verhängt - das ist eine rechtskräftige Verurteilung, jedoch ohne mündliche Verhandlung. Die Geldauflagen summieren sich inzwischen auf rund 750.000 Euro.
In dem Untersuchungsbericht des früheren US-Notenbankchefs Paul Volcker wird für die rund 60 deutschen Firmen einen Auftragswert von insgesamt über 170 Millionen Dollar genannt. Nimmt man ausländische Töchter und Beteiligungen deutscher Konzerne hinzu, kommen noch einmal mindestens 100 Millionen Dollar zusammen. Der Vorwurf lautet in allen Fällen, dass die Unternehmen im Rahmen des "Öl für Lebensmittel"-Programms der Vereinten Nationen Aufträge erhielten, indem sie zehn Prozent der Auftragssumme über Mittelsmänner an irakische Stellen zahlten.
Die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt am Main, die allein zehn Verfahren führt, räumt nach einer Reihe von Durchsuchungen ein, wie schwierig die Ermittlungen sind. "Die Auswertung der Dokumente gestaltet sich komplex", sagt die Leitende Oberstaatsanwältin Hildegard Becker-Toussaint dem Tagesspiegel. Viele Unterlagen lägen nur in arabischer Sprache vor, und es gehe um lange zurückliegende Vorgänge. "Weitere Vernehmungen, insbesondere der zumeist ausländischen Handelsagenten, sind noch in diesem Frühjahr geplant."
Die Ermittlungsverfahren gegen die prominentesten deutschen Namen auf der Volcker-Liste laufen noch. Dazu gehören Siemens, Linde, Daimler-Chrysler, Fresenius Medical Care (FMC) und die Medizintechnikfirma B. Braun Melsungen, die von Ludwig Georg Braun, dem Präsidenten des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK) geleitet wird.
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