MAX-Interview: Michael Meier über die BVB-Aktie, neue Märkte und die Champions League
Dortmund (ots)
Im Interview mit dem Magazin MAX nimmt Michael Meier Stellung zur aktuellen Unternehmenssituation der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA. Dabei spricht der Geschäftsführer des ersten deutschen börsennotierten Fußball-Unternehmens natürlich auch über den Kursverlauf der BVB-Aktie: "Er passt derzeit nicht zu unserem Image, keine Frage." Lesen Sie das gesamte Interview, das heute erschienen ist, im Wortlaut:
Borussia Dortmund zu managen ist wie in einer Zeitmaschine zu fliegen. Damals, Jetzt und Morgen verschmelzen. Wenn Michael Meier aus der Kühle des Konferenzraums zehn Stockwerke hinab aufs Ruhrgebiet blickt, sieht er stillgelegte Stahlwerke und Kohlegruben. Da unten in den Industrieruinen von Hoesch und Zeche Tremonia atmet ein Mythos. Der Mythos, der dem Markenartikel BVB den Erfolg garantiert. Deshalb formuliert der Fußballunternehmer Meier wie ein Diplomat im Krisengebiet. Klingt er nach Wirtschaftsboss, beschädigt er das gehegte Image des Arbeiterklubs. Klingt er zu volkstümlich, betrachten Händler die BVB-Aktie weiterhin als lustiges Souvenir. Borussia Dortmund will ein global operierender Freizeitkonzern werden. Und muss dabei jeden Kuttenträger von der Südtribüne mitnehmen.
MAX: Herr Meier, was haben Sie heute zuerst in der Zeitung gelesen ? den Wirtschaftsteil oder den Sportteil?
Michael Meier: Den Wirtschaftsteil. Im Sport war gestern nicht viel los.
max: Wo steht denn der Kurs der BVB-Aktie?
Meier: Bei 3 Euro, 80 Cent.
max: Und wie viele Punkte hat der BVB?
Meier: Ist das jetzt ein Test? Wir sind Zweiter, drei Punkte hinter den Bayern. Zwölf!
max: Irrtum ? 16! Verdribbelt man sich manchmal zwischen Kicken und Kapitalmarkt?
Meier: Nein. Eigentlich nicht. Bei aller Bedeutung der Wirtschaftsmeldungen für ein börsennotiertes Unternehmen bleibt unser Kerngeschäft der Fußball.
max: Würden Sie den Schritt an die Börse wieder wagen? Meier: Ja. Ohne Wenn und Aber. Klub und Management waren reif dafür.
max: Die Aktie ist in zwei Jahren um fast siebzig Prozent gefallen, hat Imageprobleme. Börsianer sagen, sie sei mehr Fanartikel denn Wertpapier.
Meier: Ich kenne dieses Vorurteil.
MAX: Haben Sie Fehler gemacht?
Meier: Zu sagen, wir hätten keine gemacht, wäre vermessen. Ich denke, wir haben eine klare Marketingstrategie bei der Einführung der Aktie vermissen lassen. Auf Anraten der uns begleitenden Emissionsbanken, wohlgemerkt. Man sagte uns damals: Als erste deutsche Fußballaktie steht ihr im Fokus der Öffentlichkeit. Zudem profitiert ihr von der großen Volksaktie Telekom ? da braucht ihr keinen Thomas Gottschalk, der euch ankündigt. Im Nachhinein muss man sagen: Man hätte das Bewusstsein, dass da eine echte Aktie an den Markt gebracht wird und kein Totoschein, mehr schärfen müssen.
max: Kriegen Sie den Totoschein aus den Köpfen?
Meier: Wir arbeiten daran, gehen auf Roadshow, stellen uns den großen Fondsmanagern. Die merken inzwischen: Hoppla, da tut sich was. Die Aktie lag ja anfangs wie Blei. Jetzt kommt Bewegung rein. An guten Tagen werden bis zu 300000 gehandelt.
max: Wie sehr frustriert Sie der Kursverlauf?
Meier: Er passt derzeit nicht zu unserem Image, keine Frage. Borussia Dortmund ist erfolgsorientiert. Aber es gibt andere, weit schlimmere Börsenschicksale als unseres. Wir werden auf der Hauptversammlung einen Gewinn von 755000 Euro ausweisen. Vor dem Hintergrund allgemeiner Einbrüche aus der TV-Vermarktung und der Transfererlöse ist das ein gutes Ergebnis. Der aktuelle Kurs ist weit unter dem Buchwert des Eigenkapitals. Zudem entwickeln wir neue Geschäftsfelder und erobern neue Märkte.
Ein Eroberer des BVB heißt Willi Kühne und sieht aus wie ein Skilehrer. Kühne ist Geschäftsführer des unternehmenseigenen Ausrüsters Goool.de und reiste im Mai zur Fußballmesse nach Schanghai. Erstaunt stellte der Handlungsreisende fest, dass Rosicky´ oder Amoroso in China so populär sind wie in Unna. Die Firma begann, das Interesse weiter zu befeuern. Im Internet präsentiert sich der Klub nun auf Chinesisch. Trainer Sammer kommentierte die WM als Kolumnist für Chinas größte Fußballzeitung, der "Fanclub Shanghai" zählt kurz nach Gründung mehr als 150 Mitglieder. Das wirtschaftliche Potenzial von Bolussia Doltmund ist immens: Nach Angaben Kühnes steht man in Verhandlungen mit einer Kette, die BVB-Trikots in 1500 Sportgeschäften verkaufen will; Sportbars und Fußballschulen sind geplant. In zwei Jah- ren soll der Merchandising-Bereich in China deutlich spürbare Umsätze verbuchen.
max: Herr Meier, gelb ist China ja bereits...
Meier: Okay, ich tue Ihnen den Gefallen. Ja, China wird schwarz-gelb. Im Ernst: In Europa stoßen wir in puncto Merchandising an Grenzen. Der einzige Markt, in dem noch nicht alle Claims abgesteckt sind, ist der asiatische. Da dürfen wir nicht schlafen. Wir brauchen dort eine Penetration von Borussia Dortmund.
max: Heißt das, Schanghai statt Sauerland?
Meier: Nein. Wir müssen global denken und lokal handeln. Bei aller internationalen Vernetzung werden wir nie unser lokales Gesicht verlieren. Der enge Fankontakt, die Tradition, die Emotionen ? das ist unsere Basis. Die Chinesen füllen nicht das Westfalenstadion.
max: Hat die Identifikation der Fans mit der Borussia unter dem Börsengang gelitten?
Meier: Nein. Bild hat damals gewettert: Ihr verkauft das Tafelsilber, die Seele, die Tradition. Und wie viele Mitglieder haben auf der Hauptversammlung gegen den Börsengang gestimmt? Keines. Eine Enthaltung. Unterschätzen Sie die Fans nicht. Die Leute sind stolz auf die Entwicklung ihres BVB. Ihre Loyalität ist stärker denn je. Wir haben einen Zuschauerschnitt von 64ooo, das sind 10000 mehr als die Bayern. In einer dritten Ausbaustufe erhöhen wir jetzt noch mal die Stadionkapazität ? auf 83000.
max: Wird die Schere zwischen den Großen und den Kleinen noch größer?
Meier: Dieser Satz elektrisiert mich jedes Mal. Da steckt in der Aussage schon ein Vorwurf. Vor 18 Jahren waren wir fast konkursreif. Durch harte Arbeit sind wir zurückgekommen. Dortmund zählt nicht zu den bevorzugten Standorten wie Hamburg oder München. Es war ein Weg mit hohem Risiko.
max: Wo endet der Weg? In einer Europaliga? Meier: Wer das Wort heute in den Mund nimmt, wird gleich gegeißelt. Und was glauben Sie, was los ist, wenn ich sage: Holland und Belgien sind ja quasi das verlängerte Nordrhein-Westfalen. Lasst europäische Spitzenmarken wie Ajax Amsterdam, FC Brügge, RSC Anderlecht oder PSV Eindhoven in der Bundesliga mitspielen.
MAX: Jetzt haben Sie es gesagt. Mehr als eine Idee? Meier: Wir leben in einem zusammenwachsenden Europa. Das ist in kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht überall spürbar. Im Sport haben wir hier aber noch Nachholbedarf. Daher muss erlaubt sein, über eine EU-Liga nachzudenken, die an die Stelle der Champions League treten könnte.
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