Bischof Meier beendet viertägige Reise in die Ukraine
Bonn (ots)
Mit der Segnung des Grundsteins einer Kirche im westukrainischen Radekhiv hat der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg), heute (4. Juni 2022) seine viertägige Reise (1. bis 4. Juni 2022) mit einer kleinen Delegation in die Ukraine, in der seit 100 Tagen Krieg herrscht, beendet. "Mein für Ende Februar geplanter Besuch musste wegen des Kriegsbeginns am 24. Februar 2022 abgesagt werden. Mir war es wichtig, als Vertreter der Deutschen Bischofskonferenz diese Reise baldmöglichst nachzuholen, um ein Zeichen der Solidarität mit den Christinnen und Christen und allen Menschen in der Ukraine zu setzen. Die Ukrainer kämpfen gegen die Invasion in ihrem Land. Sie verdienen den Beistand aller freiheitsliebenden Menschen."
Während des Aufenthalts in Kiew war Bischof Meier Gast von Großerzbischof Sviatoslav Shevchuk, Oberhaupt der griechisch-katholischen Kirche in der Ukraine. Großerzbischof Shevchuk dankte den deutschen Katholiken für die seit Kriegsbeginn erfahrene Solidarität und Hilfe. Insbesondere hob er die erhebliche Unterstützung bei der Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge in Deutschland hervor. Auch die Situation der ukrainischsprachigen Seelsorge war Thema des Austauschs. Großerzbischof Shevchuk unterstrich, dass dem Krieg mit der Russischen Föderation eine grundlegende Auseinandersetzung über das Zusammenleben der Völker - Imperialismus gegen Selbstbestimmung - zugrunde liege.
Sowohl in den Gesprächen mit Großerzbischof Shevchuk als auch mit dem Oberhaupt der orthodoxen Kirche der Ukraine, Metropolit Epiphanij, sowie Weihbischof Silvestr von der ukrainisch-orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat) wurde von allen Beteiligten herausgestellt, wie wichtig es für das christliche Zeugnis ist, selbst in Zeiten des Krieges eine Gesinnung des Friedens zu bewahren und der Vergiftung der Seelen durch die erfahrene Gewalt entgegenzutreten. Auch in Situationen der berechtigten Selbstverteidigung dürfe man nicht der Versuchung absoluter Verfeindung erliegen. Weihbischof Silvestr informierte Bischof Meier über die jüngsten Beschlüsse seiner Kirche, die sich angesichts der Spannungen mit dem Moskauer Patriarchat entschieden hat, einen Weg der Eigenständigkeit einzuschlagen. Metropolit Epiphanij berichtete von der Verfolgung der Gläubigen seiner Kirche, insbesondere auch seiner Priester, in den russisch besetzen Gebieten. Außerdem traf sich Bischof Meier mit dem Apostolischen Nuntius in der Ukraine, Erzbischof Visvaldas Kulbokas, zu einem Gespräch, bei dem besonders die Diplomatie des Heiligen Stuhls als Friedensdienst unterstrichen wurde.
Die Stadt Irpin, 30 km vor Kiew, steht für die russische Kriegsführung, die keine Rücksicht auf die Zivilbevölkerung nimmt und sogar bewusst Flüchtlingsströme erzeugen will. Die totale Zerstörung von Gebäuden prägt das Stadtbild. "Wir haben gesehen, dass gerade auch viele Kultureinrichtungen - die Universität, Bibliotheken und Museen - angegriffen wurden, wohl auch, um die eigenständige Identität der Ukraine zu vernichten und ihre Geschichte auszulöschen", so Bischof Meier.
Einer der bedrückendsten Momente für Bischof Meier und die Delegation war die Begegnung mit dem Ort Butcha. Am Rande eines von russischen Soldaten angelegten Massengrabes, in dem die Opfer willkürlicher Erschießung sowie Folter verscharrt worden waren, sprach Bischof Meier mit der stellvertretenden Bürgermeisterin und einem Journalisten, der sich für die Dokumentation der Verbrechen, die angemessene Bestattung der Opfer, bei der Befragung von Zeugen der Gewalttaten sowie in der Betreuung von Hinterbliebenen engagiert. Eine ganze Stadt ist traumatisiert und sucht die Hilfe internationaler fachkundiger Organisationen. Bischof Meier: "Die Geschichten der Menschen von Butcha treffen ins Herz. Leider müssen wir davon ausgehen, dass Butcha kein Einzelfall ist, sondern stellvertretend für Verbrechen der russischen Besatzungspolitik an vielen Orten steht."
Bei einem kurzen Aufenthalt auf Kiews zentralem Platz, dem Maidan, betete der Vorsitzende der Kommission Weltkirche für die Opfer des freiheitlichen Aufbruchs 2013/2014, mit dem sich ein großer Teil der ukrainischen Bevölkerung für die europäische Perspektive ihres Landes eingesetzt hatte. "Der Euro-Maidan steht für eine demokratische und rechtsstaatliche, für eine lebenswerte Zukunft der Ukraine, die sich die allermeisten Menschen hier wünschen und für die sie zu kämpfen und Opfer zu bringen bereit sind", so Bischof Meier.
In Lviv (Lemberg) hatte der Bischof Gelegenheit zu einem längeren Austausch mit dem Vorsitzenden der römisch-katholischen (lateinischen) Bischofskonferenz der Ukraine, Erzbischof Mieczyslaw Mokrzycki. Dieser informierte ausführlich über die Flüchtlingsarbeit seiner Kirche und besuchte mit der Delegation zwei ausgewählte Projekte. Bischof Meier: "Das Engagement für die Flüchtlinge gehört in jedem Konflikt zu den wichtigsten Aufgaben der Kirche. Ob in der Ukraine, in den Anrainerstaaten oder bei uns in Deutschland - überall nimmt sich die Kirche der geflüchteten Menschen an und legt damit praktisches Zeugnis für die Menschenwürde ab."
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