Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Covid-19 in Brasilien: Doppelte Sterberate unter Indigenen
Covid-19 unter Brasiliens Indigenen:
- Fast 1.000 Infizierte und 125 Tote
- Sterberate unter Indigenen deutlich über dem Landesdurchschnitt
- Invasionen nehmen zu
- Medizinische Güter fehlen
Brasilien ist insgesamt stark von der Coronavirus-Pandemie betroffen. Die indigene Bevölkerung des Landes trifft es überproportional hart: Unter den etwa 900.000 Indigenen sind bisher 980 Infektionen bestätigt. Es gab mindestens 125 Todesfälle durch Covid-19. Die Sterberate liegt damit bei 12,6 Prozent - fast doppelt so hoch wie die nationale Rate von 6,4 Prozent. "In der Pandemie ist die Lage der indigenen Bevölkerung in Brasilien doppelt prekär", erklärt Juliana Miyazaki, Referentin für Indigene Völker bei der Gesellschaft für bedrohte Völker. "Während täglich neue Infektionen und Todesfälle dazukommen, müssen sie in der Legislative um soziale und medizinische Hilfe kämpfen." Die indigenenfeindliche Regierung unter Jair Bolsanaro verweigere diese Hilfe wo immer möglich.
"Die Pandemie hat den institutionellen Rassismus gegen die indigene Bevölkerung erneut deutlich gemacht", so Miyazaki. "Der Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung ist schwierig, da selbst die indigenen Mitarbeiter des Gesundheitswesens überfordert sind und den Bedürfnissen der indigenen Gemeinschaften nicht gerecht werden können." Ärzte der Behörde für Indigene Gesundheit SESAI hätten bis jetzt keine rigorose Quarantäne eingehalten. Die erste registrierte Covid-Erkrankung unter Indigenen sei von einem Arzt der SESAI übertragen worden. Ärzte, aber auch Missionare und Eindringlinge auf der Suche nach Ressourcen hätten das Virus in indigene Gemeinschaften getragen. "Trotz der Risiken dringen immer mehr Fremde in indigene Gebiete ein, um Holz zu fällen oder Gold zu suchen", berichtet Miyazaki.
Bisher sind Infektionen in 60 indigenen Völkern in Brasilien nachgewiesen. "Ihnen zugewiesene öffentliche Mittel werden aber von den Behörden nicht bereitgestellt", kritisiert Miyazaki. "Hygieneartikel und Test-Kits sind knapp, die Krankenhäuser überlastet." Laut einer Studie der Non-Profit-Organisation InfoAmazonia beträgt die durchschnittliche Entfernung zwischen indigenen Dörfern und der nächstgelegenen Intensivstation in Brasilien 315 Kilometer. Zehn Prozent dieser Dörfer sind sogar 700 bis über 1.000 Kilometer von einer solchen Einrichtung entfernt.
Viele Indigene sind von dem niedrigen Einkommen abhängig, das sie in der Stadt durch informelle Jobs oder den Verkauf von Kunsthandwerk erzielen können. Trotz des hohen Infektionsrisikos können sie es sich nicht leisten, sich zu ihrem eigenen Schutz zu isolieren.
Sie erreichen Juliana Miyazaki unter j.miyazaki@gfbv.de oder 0551 49906-23.
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