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Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)

Nigerias demoralisierte Armee: Kein Schutz für Christen und Muslime vor Boko Haram

Nigerias demoralisierte Armee:

  • Versagen beim Schutz der Bevölkerung Nordnigerias
  • Generalmajor, der Defizite kritisierte, vor Kriegsgericht
  • 356 Soldaten baten im Juli wegen der schlechten Moral gemeinsam um ihre Entlassung

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) wirft Nigerias Armee Versagen beim Schutz von Christen und Muslimen vor. Seit Jahren gelinge es ihr nicht, die extremistische Terrorgruppe Boko Haram und bewaffnete Viehdiebe in den Griff zu bekommen. "Nigerias Armee ist demoralisiert, unterdrückt aber jede Diskussion über die eigenen Unzulänglichkeiten. Die Zivilbevölkerung im Norden Nigerias hat jedoch einen Anspruch auf wirksamen Schutz vor islamistischem Terror", erklärte GfbV-Direktor Ulrich Delius am Montag in Göttingen. Am letzten Wochenende waren erneut 23 Soldaten von bewaffneten Viehdieben getötet worden. Dem Generalmajor Olusegun Adeniyi, der Defizite in der Armee öffentlich in einem Video kritisierte, soll deswegen heute vor einem Kriegsgericht der Prozess gemacht werden. Mindestens 35.000 Menschen seien in dem eskalierenden Boko Haram-Konflikt im Norden Nigerias seit dem Jahr 2010 zum Opfer gefallen. Mehr als zwei Millionen Menschen christlichen und muslimischen Glaubens flohen vor der Gewalt aus ihren Dörfern. Hunderte Kirchen und Siedlungen im Nordosten des Landes wurden zerstört.

Schon im Jahr 2016 erklärten Nigerias Regierung und Armee den Kampf gegen Boko Haram für so gut wie gewonnen. "Doch mit der Wirklichkeit haben diese Jubelberichte nichts gemeinsam. Erst am letzten Wochenende wurden erneut drei Bauern von Boko Haram-Kämpfern ermordet", berichtet Delius. Die Zivilbevölkerung habe ihr Vertrauen in die Armee verloren, da deren Berichte die Lage verklärten und die dramatische Situation der bedrängten christlichen und muslimischen Bevölkerung ignorierten. "Wenn die Armee nun ankündigt, bis zum Mai 2021 würden alle zwei Millionen Binnenflüchtlinge zurückgeführt oder fest angesiedelt, ist das reines Wunschdenken", warnt Delius. Die Gewalt von Boko Haram habe im Jahr 2020 erneut zugenommen, sodass an eine baldige Rückkehr der meisten Binnenvertriebenen nicht zu denken sei.

Generalmajor Adeniyi hatte in einem im März 2020 veröffentlichten Video die unzureichende Ausstattung der Armee im Kampf gegen Boko Haram beklagt. Viele gepanzerte Fahrzeuge seien nicht einsatzbereit, die Terrorgruppe sei oft besser bewaffnet als die reguläre Armee. Da das Video in der Öffentlichkeit viel Aufmerksamkeit erregte, gingen die Militärbehörden zunächst nicht gegen den Generalmajor vor. Nachdem sich die öffentliche Aufregung gelegt hat, wird ihm nun vor einem Militärgericht der Prozess gemacht.

Nicht nur um die Ausstattung der Armee im Kampf gegen Boko Haram steht es schlecht, sondern auch um ihre Moral: Im Juli 2020 baten 356 Soldaten in einem gemeinsamen Brief an den Oberkommandierenden der Truppen um ihre Entlassung. Angesichts der schlechten Stimmung sähen sie in der kämpfenden Armee für sich keine Zukunft mehr.

Sie erreichen Ulrich Delius unter u.delius@gfbv.de oder 0160/95671403.

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