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Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)

Urteil des Sondertribunals in Den Haag (30.6.): Serbische Geheimdienstführung muss sich verantworten

Urteil des Sondertribunals in Den Haag (30.6.):

  • Voraussichtlich letztes Urteil des Sondertribunals für das ehemalige Jugoslawien
  • Serbischer Geheimdienstchef Stanisic und sein Stellvertreter Simatovic angeklagt
  • Sollen den Völkermord an der bosniakischen Bevölkerung mittels paramilitärischer Einheiten unterstützthaben

Am kommenden Mittwoch, den 30. Juni, wird in Den Haag das voraussichtlich letzte Urteil des Sondertribunals für das ehemalige Jugoslawien fallen. Angeklagt sind der ehemalige serbische Geheimdienstchef Jovica Stanisic und sein Stellvertreter Franko Simatovic. Ihnen wird vorgeworfen, den Völkermord an der bosniakischen Bevölkerung mittels paramilitärischer Einheiten unterstützt zu haben. „Die beiden Geheimdienstler haben die berüchtigten Einheiten aufgebaut und finanziert. Sie sollten die sogenannte ethnische Säuberung vorantreiben, für die die politische Führung des damaligen Serbien bereits verurteilt wurde“, erinnert Jasna Causevic, Referentin für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung bei der Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV). „Ihr Freispruch in erster Instanz war falsch und auch juristisch hochumstritten. In seinem voraussichtlich letzten Urteil muss das Tribunal diesen Fehler korrigieren.“

Der Freispruch im Jahr 2013 hatte besonders unter den Überlebenden und den Angehörigen der Opfer für Entsetzen gesorgt. Zwei Jahre später legte die Anklage Berufung ein. „Was auch immer das Ergebnis des Urteils bezüglich der Verantwortlichkeiten von Stanisic und Simatovic sein wird, die direkte Beteiligung Serbiens an den Gräueltaten wurde inzwischen wiederholt und überzeugend dokumentiert“, erklärte der Historiker und Holocaustexperte David Pettigrew in Erwartung des Urteils gegenüber der GfbV. Die bestehenden Völkermord-Urteile seien endgültig und indisputabel – unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens. Noch wichtiger als ein Schuldspruch sei die Umsetzung eines Gesetzes in Bosnien gegen die Leugnung des Völkermords und gegen die Verherrlichung verurteilter Kriegsverbrecher in der Republika Srpska. „Ein solches Gesetz würde die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit in einer Gesellschaft nach dem Völkermord bekräftigen und den Weg für eine restaurative Justiz ebnen“, so Pettigrew.

Die paramilitärischen Einheiten der beiden Angeklagten agierten unter den Namen „Die Tiger“, „Rote Beretten“ und „Skorpione“. Sie wüteten ab 1991 in Kroatien, ab April 1992 auch in Bosnien-Herzegowina. Sie sollen an den Morden und Deportationen von zehntausenden bosnischen Muslimen und Kroaten beteiligt gewesen sein. Die GfbV erwartet, dass das Gericht diese Verantwortung anerkennen und die beiden Drahtzieher verurteilen wird. „Wie militärische und politische Führer müssen sich auch führende Geheimdienstler für Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Völkermord verantworten. Das Prinzip der Kommando-Verantwortung darf nicht ausgehöhlt werden. Das wäre für jede künftige Gerichtsbarkeit fatal“, so Causevic.

Sie erreichen Jasna Causevic unter j.causevic@gfbv.de oder 0551/49906-16.

Gesellschaft für bedrohte Völker
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