Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)
Religionsfreiheit in Tibet: Chinesische Regierung will nächsten Dalai Lama bestimmen
Religionsfreiheit in Tibet:
- Chinesische Regierung will nächsten Dalai Lama selbst bestimmen
- Staaten, denen Religionsfreiheit etwas bedeutet, müssen das unmissverständlich verurteilen
- Schicksal des vor 27 Jahren entführten Panchen Lama muss aufgeklärt werden
Göttingen, den 13. Januar 2023
Religionsfreiheit in Tibet
Chinesische Regierung will nächsten Dalai Lama bestimmen
Anlässlich des Weltreligionstages am 15. Januar warnt die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) vor der Absicht der chinesischen Regierung, den Nachfolger des 87-jährigen Dalai Lama in ihrem Interesse zu bestimmen: „Die chinesische Regierung will durch das Einsetzen eines eigenen Dalai Lama die Region Tibet und den tibetischen Buddhismus noch stärker kontrollieren. Es ist Teil ihrer Strategie, alle Religionen im Land zu ‚sinisieren‘, also gleichzuschalten. Deutschland, Europa und alle Staaten, denen Religionsfreiheit etwas bedeutet, müssen Xi Jinping unmissverständlich klarmachen, dass sie eine Einmischung des chinesischen Staates in die Nachfolge des 14. Dalai Lama nicht akzeptieren werden“, sagte Hanno Schedler, Referent für Genozid-Prävention und Schutzverantwortung am heutigen Freitag in Göttingen. „Mit der Zerstörung von tausenden Klöstern, der erbarmungslosen Indoktrinierung von Nonnen und Mönchen und der Diffamierung des 14. Dalai Lama versucht China seit fast sieben Jahrzehnten, den tibetischen Buddhismus zu brechen. Die Tibeterinnen und Tibeter verehren ihn jedoch weiterhin. Seine Botschaft der Gewaltlosigkeit und religiösen Toleranz steht im krassen Gegensatz zur Kommunistischen Partei Chinas, die keine Religion außerhalb ihrer eigenen Ideologie anerkennt.“ Der 14. Dalai Lama ist einer der bekanntesten politischen Flüchtlinge der Welt. Er floh 1959 aus Tibet nach Indien und verlässt das Land altersbedingt nur noch selten. Schon vor über zehn Jahren hat er angekündigt, sich noch zu Lebzeiten selbst um seine Nachfolge zu kümmern.
Eine wichtige Rolle bei der Ernennung des nächsten Dalai Lama spielt der Panchen Lama. Der Dalai Lama hatte Gedhun Choekyi Nyima als Wiedergeburt des 10. Panchen Lama, und damit als 11. Panchen Lama anerkannt. „Kurz darauf, am 17. Mai 1995, wurde er im Alter von sechs Jahren entführt. Von dem inzwischen 33-Jährigen fehlt seitdem jede Spur. Auch seine Familie wurde damals verschleppt“, erinnerte Schedler. „Deutschland muss sich gemeinsam mit gleichgesinnten Staaten bei jeder Gelegenheit für Aufklärung über das Schicksal des Panchen Lama einsetzen.“ Nach der Entführung hat die chinesische Regierung einen Jungen namens Gyaltsen Norbu als 11. Panchen Lama eingesetzt. Er dient Peking als Marionette für scheinbare Glaubensfreiheit. Das Regime wird ihn auch für den Versuch instrumentalisieren, einen regierungstreuen Dalai Lama zu bestimmen.
Laut einem Bericht der Organisationen „Tibet Justice Center“ und „International Tibet Network“ versuche die chinesische Propaganda, den von ihr eingesetzten Panchen Lama als eine Art Sprecher für tibetische Interessen darzustellen. Dem Bericht zufolge werde es zudem für junge Mönche zunehmend schwierig, in den verbliebenen Klöstern eine religiöse Erziehung zu erhalten. Immer mehr von ihnen werden in staatlichen chinesischen Schulen ausgebildet, was ihre Verbindung zur eigenen Kultur und buddhistischen Werten abreißen lasse.
Sie erreichen Hanno Schedler unter h.schedler@gfbv.de oder 0551/49906-15.
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