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Gesellschaft für bedrohte Völker e.V. (GfbV)

Türkische Angriffe in Nordsyrien und Irak: „Bundesregierung muss völkerrechtswidrige Angriffe verurteilen“

Die Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) kritisiert das Schweigen der deutschen Bundesregierung zu den Angriffen des NATO-Mitglieds Türkei in Nordsyrien, in Irakisch-Kurdistan sowie in anderen Regionen des Nordiraks wie in dem vom Völkermord erschütterten yezidischen Kernland Sinjar. „Diese Angriffe sind ein klarer Bruch des Völkerrechts, dessen Einhaltung die Bundesregierung zu Recht von Russland einfordert. Wir erwarten eine klare Verurteilung dieser Angriffe und ein Ende jeglicher Unterstützung für diese Angriffe“, erklärte der GfbV-Nahostreferent Dr. Kamal Sido heute in Göttingen.

Der Anschlag auf die türkische Drohnenindustrie in Ankara am 23. Oktober wurde von Gruppen verübt, die in der Türkei operieren. Der Oberbefehlshaber der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), General Mazlum Abdi, erklärte öffentlich, dass die SDF und die Kurden in Syrien nichts mit dem Anschlag zu tun hatten. „Selbst die Türkei gibt zu, dass es sich bei den Angreifern um Staatsbürger der Türkei handelt“, sagt der Nahostreferent.

Die SDF befinden sich im Krieg mit dem „Islamischen Staat“ (IS) und anderen islamistischen Milizen, die von der Türkei unterstützt oder geduldet werden. Abdi vertritt die Ansicht, dass die Angriffe der Türkei faktisch eine Hilfe für den IS seien. Denn eine Schwächung der SDF erhöht die Gefahr, dass wie bei früheren türkischen Angriffen tausende IS-Mitglieder aus den Gefängnissen ausbrechen könnten. Die SDF sind Teil der Anti-IS-Koalition und werden von den USA militärisch unterstützt. Abdi forderte sowohl die USA als auch Russland auf, die Türkei zu stoppen.

Sowohl die NATO, vor allem die USA, als auch Russland haben Streitkräfte in der Region und überwachen den Luftraum über Syrien. „Sie sind in der Lage, die Menschen vor den täglichen Angriffen der Türkei zu schützen. Aus geopolitischen Gründen haben sie jedoch Verständnis für Erdoğans Aggression gezeigt, die zu einer weiteren Destabilisierung der Region und zur Flucht von Millionen Menschen führt“, kritisiert Sido.

Nach Angaben der Sicherheitskräfte Nord- und Ostsyriens (Asayish) sind bei den barbarischen türkischen Angriffen seit dem 23. Oktober insgesamt 18 Menschen getötet und 68 verletzt worden. Die meisten Opfer sind Zivilisten. Die anderen sind Angehörige der Asayish, die in der Bürgerkriegsregion für Ordnung und Sicherheit sorgen. An den türkischen Angriffen sollen bis zum 27. Oktober insgesamt 129 Kampfdrohnen und 15 Kampfflugzeuge beteiligt gewesen sein. Insgesamt habe es 1168 Angriffe auch mit Raketenwerfern, Panzern und Artillerie gegeben. Das bestätigen auch andere Quellen vor Ort. Das Angriffsgebiet erstreckt sich über eine Länge von etwa 600 Kilometern von den Vororten Aleppos im Nordwesten Syriens bis zum Tigris im Nordosten des Landes an der Grenze zum Irak. Die Angriffe konzentrieren sich demnach auf Dienstleistungszentren und andere lebenswichtige Einrichtungen und Infrastruktur wie Ölraffinerien, Wasser- und Elektrizitätswerke sowie Brotfabriken, Krankenhäuser und Polizeistationen.

Die jüngsten Solidaritätsbekundungen des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz und anderer Regierungschefs von NATO-Staaten mit Erdoğan, der für seine aggressive Politik gegen Kurden, Assyrer/Aramäer, Armenier, Christen und Yeziden bekannt ist, werden von vielen Menschen in Nordsyrien, aber auch von ihren Angehörigen, die in Deutschland und anderen westeuropäischen Ländern Schutz vor Gewalt und Krieg gefunden haben, mit Empörung aufgenommen, erzählt der Menschenrechtler. Er wurde in Nordsyrien geboren und steht in ständigem Kontakt mit den Menschen vor Ort. „Wer Putin zu Recht als Kriegsverbrecher bezeichnet, darf Erdoğan, der Krieg gegen Kurden und andere Minderheiten führt, nicht in Schutz nehmen“, so Sido.

Sie erreichen Dr. Kamal Sido unter k.sido@gfbv.de oder 0173/6733980.

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