Börsen-Zeitung: Fatales Signal aus Toulouse, Kommentar zur künftigen EADS-Führungsstruktur von Stefan Kroneck
Frankfurt (ots)
Es mag bei vielen - einschließlich Angela Merkel - Erleichterung darüber herrschen, dass sich Deutsche und Franzosen nach langem Streit über die Abschaffung der EADS-Doppelspitze verständigt haben. Mit ihrer Meinung, dass mit der neuen Managementstruktur die Machtbalance im Luftfahrtkonzern erhalten bleibt, unterliegt die Bundeskanzlerin aber einer kompletten Fehleinschätzung.
Frankreichs neuer Staatspräsident Nicolas Sarkozy hat sich weitgehend durchgesetzt. Mit Louis Gallois tritt ein enger Vertrauter und Gefolgsmann der Pariser Ministerialbürokratie als alleiniger Chef an die Unternehmensspitze, dem der deutsche Airbus-Chef Thomas Enders unterstellt ist. Diese auf dem Airbus-Hauptsitz in Toulouse bekannt gegebene Konstellation ist ein fatales Signal für den Kapitalmarkt und die deutsche Industriepolitik. Denn im Ergebnis kann sich der französische Staatsdirigismus im Konzern freier entfalten. Die EADS begibt sich stärker als zuvor in die Abhängigkeit von Paris, das bei dem Unternehmen nunmehr nach Belieben intervenieren kann. Die Folgen dieses Treibens sind jetzt schon absehbar. Der Sanierungsplan für Airbus könnte unter Sarkozy aufgeweicht werden, wenn der Druck der französischen Gewerkschaften zunimmt. Das wäre Gift für den Aktienkurs.
Die beiden industriellen Großaktionäre sowie EADS-Mitgründer DaimlerChrysler und Lagardère sind ihrer Rolle nicht gerecht geworden, als Gegenpole von Paris zu agieren und das französische Vormachtstreben zu neutralisieren. Der Autokonzern stellt zwar eine Rotation der Führungskräfte zwischen Deutschen und Franzosen in Aussicht - die Erklärung aus Stuttgart ist aber recht vage formuliert und damit völlig unverbindlich. Angesicht der verschobenen Machtverhältnisse zugunsten Frankreichs fehlt der Glaube, dass sich die Deutschen bei künftigen Neubesetzungen von EADS-Spitzenpositionen durchsetzen werden. Mit ihrer geschickten Taktiererei ist es bisher jeder französischen Regierung einigermaßen gelungen, deutsche Interessen bei der EADS auszuhebeln.
Angesichts ihrer Konzentration auf das Kerngeschäft ist absehbar, dass sich DaimlerChrysler und Lagardère auf lange Sicht aus der EADS komplett zurückziehen. Dann hätte Paris völlig freie Hand. Das muss aber nicht so kommen, wenn Berlin endlich beim Thema EADS aufwacht.
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