Börsen-Zeitung: Vertrauen missbraucht, Kommentar zur IKB-Ergebnisprognose, die nach zehn Tagen Makulatur ist, von Annette Becker
Frankfurt (ots)
Die Halbwertzeit von offiziellen Statements zur Krise am US-Hypothekenmarkt ist erschreckend kurz geworden. Hatte die IKB noch vor einer Woche lautstark Entwarnung gegeben, weil am Kapitalmarkt über das Subprime-Engagement des Mittelstandsfinanzierers spekuliert wurde, mussten die Düsseldorfer jetzt die Karten auf den Tisch legen. Die Ergebnisprognose, die erst vor zehn Tagen bestätigt wurde, ist Makulatur. IKB-Großaktionär KfW springt in die Bresche, stellt Liquidität zur Verfügung und schirmt die IKB gegen Risken ab.
Stefan Ortseifen, Vorstandssprecher der IKB, zieht die Konsequenzen und tritt ab. Inwieweit die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) auf den Rücktritt des IKB-Chefs drängte, ist nicht bekannt. Dass die Aufsicht Alarm schlug, gilt jedoch als unstrittig.
Insbesondere die Marktteilnehmer müssen sich von der IKB an der Nase herumgeführt fühlen, hatten sie den Aussagen der IKB-Spitze aus der vergangenen Woche doch Glauben geschenkt. "Viel Lärm um nichts", hatten Analysten im Anschluss an die Beschwichtigungen der IKB geschrieben. Den Grad der Betroffenheit hatte die Bank vor zehn Tagen auf einen einstelligen Millionenbetrag beziffert. Gestern war dagegen in Kreisen des Verwaltungsrats von einem Wertberichtigungsbedarf von 1 Mrd. Euro die Rede. Mindestens genauso groß wie der finanzielle Schaden ist der Imageschaden, den sich die IKB - wie es scheint wider besseres Wissen - selbst zugefügt hat. Auch wenn die Bank dank ihres Großaktionärs nicht ins Wanken gerät, ist der Name fürs Erste verbrannt. Zwar dürfte das Thema bei der IKB-Kundschaft, dem gehobenen Mittelstand, zunächst keine großen Wellen schlagen, doch auf der Refinanzierungsseite sind seit gestern andere Zeiten angebrochen.
Besonders schwer wiegt, dass mit der IKB ein Institut betroffen ist, das in der Vergangenheit für seine Solidität gerühmt wurde. Wenn selbst der Musterschüler in der Bredouille steckt, wie sieht es dann erst bei den anderen deutschen Banken aus? Diese Frage, die vorerst unbeantwortet bleibt, sorgt für gehörige Nervosität. Zwar ist nur ein Teil der mit Hypotheken besicherten strukturierten Credit-Produkte von Ausfällen betroffen. Der Zusammenbruch des gesamten Marktsegments droht jedoch zur sich selbst erfüllenden Prophezeiung zu werden.
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