Börsen-Zeitung: Verfrühte Signale, Kommentar zu den mit Spannung erwarteten Reden von US-Präsident Bush und Notenbankchef Bernanke von Jürgen Schaaf
Frankfurt (ots)
In den mit Spannung erwarteten Reden von US-Notenbankchef Ben Bernanke und Präsident George W. Bush sagten beide unisono, dass sie es nicht als ihre Aufgabe ansehen, Spekulanten aus der Patsche zu helfen, die zu hohe Risiken eingegangen sind. Wer's glaubt, wird selig. Denn zugleich kündigte Bush, wenn auch etwas schwammig, eine Reihe von Initiativen und Reformen an, damit die in finanzielle Schwierigkeiten geratenen Hausbesitzer ihre Häuser behalten können. Und Bernanke ließ durchblicken, dass die US-Notenbank zu weiteren Handlungen bereit ist, um, falls nötig, die erforderliche Liquidität bereitzustellen und das Funktionieren der Finanzmärkte zu gewährleisten.
Zwar sagte er nicht explizit, dass er eine Leitzinssenkung ansteuert. Aber da die Fed im August Milliarden Dollar in den Markt gepumpt hat, um die durch die Hypothekenkrise in den USA ausgelösten Liquiditätsengpässe zu überwinden, der Geldmarkt aber noch nicht vollends zur Normalität zurückgefunden hat, wird dieser Zug zunehmend wahrscheinlich.
Auch seine Hinweise, dass die normalen Indikatoren derzeit nicht aussagekräftig genug seien, um geldpolitische Handlungsanweisungen abzuleiten, spricht eine klare Sprache: Damit wird eine Zinssenkung im Vorhinein legitimiert, selbst wenn die Inflation in den USA anziehen sollte.
Sicher, Politik und Notenbank müssen eine ausgewachsene Finanzkrise verhindern. Und es ist zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht ausgeschlossen, dass sich die Situation verschärft.
Aber das vollmundige Verkünden ihres Beistandes durch die beiden Herren über Währung und Steuern nährt die tieferliegende Ursache des amerikanischen Hypothekendebakels bereits aufs Neue: Die Sorglosigkeit, mit der Verbraucher, Banken und Anleger Risiken am Immobilien- und Kreditmarkt eingegangen sind, wird sich als Geisteshaltung festsetzen, wenn Staat und Notenbank bereitwillig die Kosten für das fällige Lehrgeld tragen. Warum sollte ein Hauseigentümer mit niedriger Bonität, der wegen der gestiegenen Zinsen und des gesunkenen Werts seiner Immobilien in die Bredouille geraten ist, sein Konsumverhalten zukünftig drosseln, wenn er mit Staatsgarantien und Notzinssenkungen rechnen kann?
Das Signal, das Bernanke und Bush gegeben haben, war, wenn nicht falsch, so doch sicher verfrüht.
Pressekontakt:
Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell