Börsen-Zeitung: Talkshow statt Roadshow Kommentar zu den Talkshow-Auftritten von Josef Ackermann, von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Wenn Josef Ackermann so weitermacht, mutiert er demnächst noch von Deutschlands Watschenmann Nummer 1 zum Liebling der Massen. In einer Talkshow nach der anderen erklärt der bisher eher Roadshow-erfahrene und einst ziemlich TV-scheue Chef der Deutschen Bank dem Fernsehpublikum geduldig, unprätentiös, auch ein wenig reumütig und mit Schweizer Charme, wie die Finanzmärkte ticken, was europäische Spareinlagen mit notleidenden amerikanischen Hypothekenkrediten zu tun haben, welche Rolle der hiesige Branchenprimus in der gegenwärtigen Vertrauenskrise gespielt hat und - vor allem - welche nicht.
Chapeau! Das waren souveräne Auftritte. Wenn der herzliche Beifall der Studiogäste nur halbwegs als Indikator für die Eindrücke der Zuschauer an den Bildschirmen taugt und 3sat, ZDF & Co. keine Claqueure zur Aufzeichnung ihrer Sendungen eingeladen hatten, dann hat der Vorstandsvorsitzende hier höchst effektiv Imagewerbung für die Deutsche Bank und für sich selbst betrieben. Mitunter schien es gar, als wabere Mitleid durch den Raum ob Ackermanns im internationalen Vergleich bescheidenen 13-Mill.-Euro-Jahresgehalts, von dem schließlich neben dem Lebensunterhalt nicht allein Ausgaben für wohltätige Zwecke, sondern vor allem Steuerzahlungen nach deutschen Sätzen zu bestreiten sind.
Bei den Investoren kamen die Botschaften derweil nicht ganz so gut an wie beim Millionenpublikum der öffentlich-rechtlichen Sender. Doch wenn die Fernsehzuschauer erst einmal Ackermanns Tipp befolgen, die "DBK"-Aktie zu kaufen, dann wird das Sentiment bald auch an der Börse ins Positive drehen. Neue schlechte Nachrichten hat der Topmanager ja nicht verkündet. Die Zahlen etwa zu den zugesagten Übernahmefinanzierungen waren längst kommuniziert. Eine Gewinnwarnung? Dass die Finanzmarktkrise die Ergebnisse des dritten Quartals belasten wird, unterlag auch vor Ackermanns TV-Tour nicht dem Bankgeheimnis.
Das Schweigen der Banker ist beendet, wie auch die kurzfristig anberaumte Pressekonferenz von Commerzbank-Chef Klaus-Peter Müller anlässlich des Investorentages und manches Interview anderer führender Branchenvertreter zeigen. Es wird wieder geredet, und das ist ein guter und notwendiger Ansatz, um verloren gegangenes Vertrauen zurückzugewinnen - das Vertrauen des Publikums, aber nicht zuletzt auch das Vertrauen der Banken untereinander.
(Börsen-Zeitung, 22.9.2007)
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