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Börsen-Zeitung: Alte Dame kriegt kalte Füße, Kommentar von Norbert Hellmann zur Entscheidung der Bank von England, den Leitzins von 5,75 auf 5,5% zurückzunehmen

Frankfurt (ots)

Die Entscheidung der Bank von England, den
Leitzins von 5,75 auf 5,5% zurückzunehmen, ist bemerkenswert. Nicht 
so sehr wegen der neuen Zinsrichtung, sie war nämlich schon mit dem 
Inflationsbericht Mitte November angedeutet worden. Vielmehr macht 
das Timing stutzig. Die Bank von England hat es eiliger, als es das 
Gros der Marktteilnehmer für möglich hielt. Sie hebt sich nun noch 
deutlicher von der Europäischen Zentralbank ab, die stillgehalten 
hat, im Zweifelsfall aber weiter mit einer Zinserhöhung liebäugelt.
Es schwingt ein Hauch von Panik mit, der so gar nicht zu dem Image
der gerne als "Old Lady" bezeichneten Zentralbank zu passen scheint. 
Hatte nicht Gouverneur Mervyn King dieser Tage erst wieder wachsende 
Preisrisiken hervorgehoben? Wie ernst muss man Konjunkturgefahren 
angesichts des noch stattlichen Wachstums nehmen? Welche Rolle spielt
die zuletzt geschürte Angst um fallende Häuserpreise?
Die Finanzmarktklemme begrenze das Kreditangebot an Haushalte und 
Unternehmen und akzentuiere damit Risiken einer Wachstumseintrübung, 
heißt es im Pressekommuniqué. Gleichzeitig aber wird auf 
Preisgefahren verwiesen, von denen man weiß, dass sie derzeit eher 
exogenen Faktoren wie den Rohstoffpreisen unterliegen.
Zweifelsohne befindet sich der Zentralbankrat in einem 
Meinungszwiespalt, der die Auswertung der in zwei Wochen 
veröffentlichten Sitzungsprotokolle zu einer Delikatesse machen 
sollte. Das ziemlich rigide Modell der Ausrichtung an einem 
Inflationsziel zwingt die Bank dazu, eine Zinsentscheidung auf die 
mittelfristige Einhaltung dieses Punktziels zurückzuführen. So liest 
man die etwas gequält wirkende Begründung, dass wegen einer möglichen
Nachfragedämpfung nur eine rasche Zinssenkung das Inflationspunktziel
exakt ansteuern lässt. Sollte der nächste monatliche 
Inflationsausweis also einen Ausreißer nach oben bringen, wird es 
ungemütlich für die Bank.
Sie befindet sich allein schon wegen der Northern-Rock-Krise in 
einem Hexenkessel. Die skandalgeschüttelte Regierung um den neuen 
Premier Gordon Brown würde von einer Häusermarktkrise förmlich 
überrollt. Banken und Verbände fordern eine Zinsgeste, die die Massen
beruhigt. Bei aller Unabhängigkeit ist auch die Bank von England 
gegenüber solchen Strömungen nicht immun. Das erklärt die schnelle 
Zinsgeste am ehesten.
(Börsen-Zeitung, 7.12.2007)

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