Börsen-Zeitung: DSL-Poker, Kommentar von Heidi Rohde zu den Übernahmeversuchen am deutschen DSL-Markt
Frankfurt (ots)
Das Pokerspiel im deutschen DSL-Markt geht in die nächste Runde. Diesmal möchte Freenet als Objekt der Begierde sein Blatt neu austarieren, nachdem zuletzt die Mitspieler United Internet und Drillisch - mehr als Randfigur - eine Karte nach der anderen gezogen hatten. Offiziell noch gar nicht am Spieltisch Platz genommen, aber inoffiziell schon die Hand gehoben haben die großen Player Versatel, Telefónica und Arcor. Im heiß umkämpften deutschen Breitbandgeschäft wird um große Summen gespielt, und jeder möchte mit geringem Einsatz gewinnen. Am Ende sollen die Assets neu sortiert und der Markt konsolidiert sein.
Dieses Ziel bleibt, und somit darf der Freenet-Verkaufsprozess allenfalls als aufgeschoben, aber nicht aufgehoben gelten. Die Einrichtung einer Holding bedeutet kaum etwas anderes, als dass die einzelnen Assets fein säuberlich getrennt ins Schaufenster gestellt werden, in der Hoffnung, dass sich doch noch bald jemand findet, der bereit ist, die Preisvorstellungen der Aktionäre zu akzeptieren. Schließlich tummelt sich unter den Anteilseignern eine Reihe von Finanzinvestoren, die gern auf Kosten des einzigen strategischen Investors United Internet Kasse machen wollen. Der gibt sich unbeeindruckt in der Gewissheit, dass er 20% kontrolliert und sich im DSL-Markt derzeit niemand mit "strategischen Preisgeboten" aus der Deckung wagen wird.
Aus diesem Grund hakt auch der seit langem erwartete Verkauf von Versatel, die vom Großaktionär Apax dominiert wird. Auch hier wartet man auf höhere Gebote. An der Börse wird darauf gewettet. Die Versatel-Aktie hat sich gegenüber ihrem Tief bei 9,80 Euro weit mehr als verdoppelt.
An Kaufinteressenten mangelt es auch hier nicht. Neben United Internet, die sich geschickt positioniert hat, stehen Arcor und Telefónica in den Startlöchern. Beide sind unter Zugzwang, insbesondere seit die Deutsche Telekom im DSL-Markt an operativer Stärke gewonnen hat und damit das Wachstum für die Wettbewerber deutlich schwieriger geworden ist. Sowohl Arcor als auch für Telefónica könnten sich mit einer Versatel-Übernahme Kunden und hohe Synergien sichern. Allerdings rechtfertigen die scharfe Konkurrenz und die noch immer abwärts drehende Preisspirale bei den Konsumenten nicht jeden Kaufpreis für dieselben. So hält sich jeder bedeckt. Die Frage ist - wie beim Poker -, wer zuerst die Nerven verliert.
(Börsen-Zeitung, 21.12.2007)
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