Börsen-Zeitung: Duo auf Zeit, Kommentar zum sanften Führungswechsel bei SAP von Bernd Freytag
Frankfurt (ots)
Wir stehen in Krisenzeiten fest zusammen. Es ist dieser Eindruck, den SAP mit der Renaissance der Doppelspitze hinterlässt. Was beim Abgang der Gründer, in dieser ganz speziellen Zeit des Wechsels von Hasso Plattner hin zum "Angestellten" Henning Kagermann, gut funktionierte, ist heute nicht mehr das Mittel der Wahl. Im Gegenteil: Es besteht die Gefahr, dass Kagermann in der Übergangszeit zur "lame duck" mutiert. Und seinem "Co" und späteren Alleinvorstand Léo Apotheker haftet der Aufsichtsrat das Etikett eines Edel-Praktikanten an. Ganz nach dem Motto: Alleine trauen wir es ihm noch nicht zu. Das Duo auf Zeit hätte es nicht gebraucht.
Angesichts von zweistelligen Wachstumsraten sollte bei SAP nicht von Krisenstimmung die Rede sein, tatsächlich aber sehen das die Anleger so. Der Kurs ist auf Dreijahrestief und es gibt gute Gründe dafür: SAP startet in das Software-Schlachtfeld Mittelstand mit einer Mietsoftware - ein vollkommen neues Geschäftsmodell -, zugleich muss der Konzern ohne Integrationserfahrung den 4,8 Mrd. Euro-Zukauf Business Objects verdauen und gleichzeitig tragen die von SAP mit Verachtung gestraften, von den Anlegern aber gefeierten Einkaufsexzesse von Erzkonkurrent Oracle auch noch Früchte.
Dass aus diesen Herausforderungen gleich eine Krise erwuchs, hat vor allem zwei Gründe: Da ist zum einen das traditionelle Premium, mit dem die SAP-Aktie gegenüber der US-Konkurrenz gehandelt wurde. In einer Welt offener Software-Architekturen aber muss der Marktführerbonus wertberichtigt werden. Das tun die Anleger gerade und keine Managementkunst der Welt wird daran etwas ändern. Zudem spiegelt die organische Wachstumsstrategie weder die Entwicklungen im Softwaregeschäft noch entspricht sie den Erwartungen des Marktes. Man könnte auch sagen: SAP ist den Risiken der neuen Softwarewelt ausgesetzt, lässt dabei viele Chancen aber aus.
Bei SAP driften die Erwartungen der um ihr "Erbe" bemühten und noch immer dominierenden Gründeraktionäre und die der freien Aktionäre auseinander. Auch Léo Apotheker wird an diesem Dilemma nichts ändern, und sein der Not gehorchender Ruf an die Spitze - nachdem IT-Wunderkind Shai Agassi nicht mehrheitsfähig war - macht die Sache nicht leichter. Dass Apotheker als erster "Vertriebler" an der Spitze angesichts der Herausforderungen im Massengeschäft die richtige Wahl sein könnte, geht da fast unter.
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