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Börsen-Zeitung: Auf Tauchstation, Kommentar zu Emerging Markets von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Für deutsche Privatanleger, die dem Ruf vieler
Experten gefolgt sind und Geld über Fonds oder Zertifikate in den 
Emerging Markets angelegt haben, war das erste Quartal wenig 
erfreulich. Die zuvor hochfliegenden Aktienmärkte einer ganzen Reihe 
von Schwellenländern sehen derzeit, was die Performance betrifft, 
ziemlich alt aus. Die Kursniveaus sind jedenfalls vielerorts auf 
Tauchstation gegangen.
Das prominenteste Beispiel sind derzeit zweifelsohne die 
chinesischen Inlandsbörsen, an denen sich über ausgesuchte 
institutionelle Investoren durchaus auch ausländische Privatanleger 
tummeln. Seit Jahresanfang hat sich der Leitindex Shanghai Composite 
um nicht weniger als 35% eingeebnet. Der Leitindex ISE der türkischen
Börse hat seit Anfang Januar mehr als 25% abgeben müssen. Und der als
Benchmark dienende MSCI Emerging Markets Index hat seit Ende Oktober 
rund 20% verloren.
Im Vergleich dazu sehen die etablierten Märkte etwas freundlicher 
aus - obwohl gerade dort und nicht in den Emerging Markets die Banken
sitzen, die sich die Subprime-Papiere haben andrehen lassen. So hat 
der Dax seit Anfang Januar 17% eingebüßt, der S&P 500 aus dem 
Ursprungsland der Krise sogar nur knapp 7%. Es ist insofern ein 
scharfer Kontrast zu der Periode zwischen August und Oktober 
vergangenen Jahres festzustellen, als allein US-Investoren in nur 
sieben Wochen 24 Mrd. Dollar in die aufstrebenden Aktienmärkte 
pumpten, was den MSCI Emerging Markets um 50% nach oben hievte.
Angetrieben wurde die Hausse unter anderem durch den soliden 
Zustand vieler Emerging-Markets-Volkswirtschaften sowie von der 
Überzeugung, dass es den Schwellenländern gelingen würde, sich im 
Gegensatz zu früheren Krisen von der drohenden Rezession in den USA 
abzugrenzen. Die These von der Abkopplung scheint sich zwar bislang 
noch zu bewahrheiten. Den Anlegern hilft es jedoch nur wenig, da die 
Kursrutsche von einem anderen Faktor ausgelöst worden sind: 
Investoren aus den USA, Europa und Japan haben Mittel abgezogen, weil
sie diese anderswo dringend benötigten. Die Mittelabflüsse können 
dabei durchaus dramatische Ausmaße annehmen. So zogen beispielsweise 
US-Anleger im Januar in einer einzigen Woche 11 Mrd. Dollar ab.
Damit zeigt sich, dass die Kursniveaus der aufstrebenden Märkte in
einem hohen Maß von den Entscheidungen von Investoren aus der Ersten 
Welt abhängig sind. Es wird geschätzt, dass Investoren aus den USA, 
Europa und Japan mehr als 200 Mrd. Dollar in die Emerging Markets 
gepumpt haben, bei einer Marktkapitalisierung der Länder von 
insgesamt lediglich 1,5 Bill. Dollar.
Platzen der Blase
Es gibt noch einen weiteren Grund für die schwache Performance. 
Was derzeit geschieht, ist das Platzen einer Überbewertungsblase in 
zumindest einigen Märkten. Am deutlichsten ist dies in China zu 
erkennen, weil es dort Unternehmen gibt, die sowohl an den 
Inlandsbörsen als A-Aktien als auch in Hongkong als H-Aktien notiert 
sind. Im Juli vergangenen Jahres wiesen diese H-Aktien gegenüber den 
A-Aktien eine durchschnittliche Überbewertung von 113% auf. Aktuell 
ist sie immerhin schon auf 39% geschrumpft.
Trotz der guten makroökonomischen Fundamentaldaten und der 
politischen Stabilität vieler Schwellenländer müssen sich Investoren 
zudem darauf einstellen, dass einzelne Märkte gnadenlos abgestraft 
werden, wenn sich das Bild trübt. Dies haben jüngst in der Türkei 
engagierte Anleger erfahren müssen. Die Emerging Markets weisen also 
immer noch ein hohes Rückschlagpotenzial in Krisenzeiten und 
grundsätzlich eine hohe Volatilität auf.
Langfristig aber dürften die Emerging Markets größere 
Anlagechancen bieten als die etablierten Märkte, sofern sich die 
Erkenntnisse aus der Vergangenheit auch auf die Zukunft übertragen 
lassen. Wie der anerkannte Emerging-Markets-Experte Mark Mobius 
errechnet hat, gab es bei Schwellenländeranlagen in den vergangenen 
20 Jahren acht Baissen und Haussen. Die Korrekturen dauerten im 
Durchschnitt sechs Monate und führten zu Wertverlusten von 33%. Die 
sich anschließenden Bullenmärkte dauerten im Mittel 24 Monate und 
führten zu Wertzuwächsen von 124%.

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