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Börsen-Zeitung: Die neuen Carry Trader Analyse "Marktplatz" von Martin Hampel.

Frankfurt (ots)

Seit Beginn der Finanzkrise haben viele der
großen Investoren ihre Carry Trades rückabgewickelt. An ihre Stelle 
sind neue, kleinere Marktteilnehmer getreten, die die 
Zinsunterschiede der unterschiedlichen Volkswirtschaften ausnutzen 
wollen - auch Privatanleger suchen die Vorteile. Das Geschäftsmodell 
ist denkbar plausibel: Carry Trader verschulden sich in einer niedrig
verzinsten Währung und investieren das Geld in einer hoch verzinsten 
Währung. Bei einem Leitzins von 0,5% in Japan und bis vor kurzem 
8,25% in Neuseeland ließen sich da erkleckliche Gewinne erzielen. Wer
liquide war, ließ sich das Geschäft nicht entgehen. Innerhalb der 
G-10-Währungen waren zuletzt der Yen, der Schweizer Franken und der 
kanadische Dollar die attraktivsten Kreditwährungen, investiert wurde
in neuseeländische und australische Dollar sowie norwegische Kronen.
Doch spätestens seit Beginn der Finanzkrise begann das Geschäft der 
Carry Trader riskanter zu werden: Schließlich sorgten die Turbulenzen
auch für hohe Schwankungen an den Devisenmärkten, und Volatilität mag
der Carry Trader überhaupt nicht - denn ein steigender Yen oder ein 
fallender Kiwi-Dollar ist stets dazu angetan, die Rendite aus den 
Zinsdifferenzen aufzufressen. Die großen Player, die Fonds und 
institutionellen Investoren haben sich aber wohl ohnehin schon aus 
dem Geschäft verabschiedet. Viele von ihnen, unter anderem die 
Investmentbanken, hatten zu viele Probleme und zu wenig überschüssige
Liquidität, Stück um Stück wurden die Carry Trades rückabgewickelt. 
Nun trifft nach der Finanzkrise auch noch der starke Dollar die Carry
Trader. Denn ein Nebeneffekt der Hausse des Greenback ist die 
Abwertung des australischen und des neuseeländischen Dollar.
Doch mittlerweile hat sich eine andere Händlerklasse etabliert, 
die in den großen Banken als "Kimono-Trader" bekannt ist. Mit dem 
Begriff bezeichnen die Banker japanische Hausfrauen, die mit der 
Haushaltskasse in neuseeländischen oder australischen Dollar zocken. 
Neutraler gesagt sind es japanische Kleinanleger, die den Zinsvorteil
ausnutzen. Vor allem der Neuseeland-Dollar hat es den Japanern 
angetan: Immerhin machen Geschäfte des Währungspaars Yen/Kiwi-Dollar 
schätzungsweise knapp die Hälfte der offenen Positionen an der 
Tokioter Finanzbörse aus.
Es gibt noch eine weitere Gruppe von Privatleuten, die von den 
Zinsdifferenzen profitieren wollen. In Osteuropa finanziert eine 
stetig größer werdende Zahl privater Häuslebauer ihr neues 
Wohneigentum in Yen. In Ländern wie Rumänien, Polen oder Ungarn 
werden zwischen 40 und 60% der neuen Hypothekenkredite in Yen 
abgeschlossen. Das könnte zum Problem werden, wenn die Bank of Japan 
den Leitzins anheben sollte, der Yen aufwertet und sich die Kredite 
der Osteuropäer verteuern.
Doch auch einige der großen Institute könnten nervös werden, wenn der
Yen aufwertet: Aus Marktkreisen verlautet, dass sich zahlreiche 
Banken auf beiden Seiten des Atlantiks in größerem Stil in Yen 
refinanzieren. Der günstige Zinssatz hat dabei den Vorteil, dass man 
die Bilanz billig ausgleichen kann, die durch strukturierte Produkte 
in Schieflage geraten war. Immerhin war es erstaunlich, dass der Yen 
von der Krise fast unbeschwert vor allem zum Dollar relativ billig 
geblieben ist. Wurden zunächst Yen benutzt, um in Vorkrisenzeiten die
Leverage zu finanzieren, so wird jetzt die Nachfrage dadurch 
gestärkt, dass mit Yen die Schäden der hohen Leverage ausgeglichen 
werden. Der Carry Trade in Yen hat die Tendenz zum Wachsen, heißt es.
Zu Beginn der Krise seien Positionen allenfalls kurzfristig 
zurückgefahren worden.
Obgleich der Carry Trade für die großen Investoren aktuell etwas 
weniger lukrativ ist: Aussterben wird er nicht, vor allem wenn man 
auf möglichst risikoarme Varianten innerhalb großer Währungen setzt 
und die tendenziell volatileren Emerging Markets außen vor lässt. 
Betrachtet man die drei am niedrigsten und drei am höchsten 
verzinsten Valuten des G-10-Universums, ließ sich zumindest vor der 
Krise im Monatsschnitt betrachtet fast immer Geld verdienen - 
spätestens wenn die Investoren mehr Lust auf Risiko haben und die 
Währungen weniger schwanken, dürften auch die großen Investoren 
wieder bei den Carry Trades dabei sein.

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