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Börsen-Zeitung: Das Damoklesschwert, Börsenkommentar "Marktplatz" von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Wenn sich die "Bild-Zeitung" auf ihrer ersten
Seite zu einem so abstrakten Thema wie die Konjunktur einlässt, wie 
dies am Freitag der Fall war, dann muss auf diesem Gebiet schon etwas
Gravierendes vorgefallen sein. In der Tat: Es droht, wie uns das 
Blatt wissen lässt, die "Brutal-Rezession". Norbert Walther, 
Chefvolkswirt der Deutschen Bank, warnt per Interview des 
Boulevardblatts mit großer Breitenwirkung, es drohe die Gefahr, dass 
das deutsche Bruttoinlandsprodukt 2009 um bis zu 4% schrumpft. Das 
wäre dann, so "Bild", die größte Krise seit Bestehen der 
Bundesrepublik.
Will man herausfinden, wie es um die Konjunktur 2009 wirklich 
bestellt ist, muss man von der zur Schau gestellten Dramatik 
sicherlich einiges abziehen. Der Auftritt Walthers ist in 
Zusammenhang mit anderen Äußerungen von Politikern und Volkswirten zu
sehen, mit denen die sich sträubende Bundesregierung zu einem 
umfangreichen Konjunkturpaket-am besten nach französischem Vorbild in
zweistelliger Milliardenhöhe - gedrängt werden soll. Und wie Walther 
selbst betont, ist das von ihm beschriebene Horrorszenario auch nicht
das Allerwahrscheinlichste.
Gleichwohl wird deutlich, dass sich die allgemeine Stimmung 
geändert hat. Die Rezession wird allmählich auch von breiten 
Schichten der Bevölkerung ernst genommen. Und die Makrodaten sahen 
zuletzt immer schlechter aus, mit einbrechenden Auftragseingängen und
kollabierenden Geschäftsklimaindizes. Dies alles könnte Rückwirkungen
auf den Konsum - insbesondere das für den Einzelhandel äußerst 
wichtige Weihnachtsgeschäft - haben.
Auch die Anleger sind wieder deutlich besorgter, wie an den 
niedrigen Kursen abzulesen ist. Denn wie die Analysten der WestLB zu 
recht anmerken: Ein großer Teil der unvermeidlichen dämpfenden 
Auswirkungen auf Investition, Konsum, Gewinne und Arbeitsmärkte ist 
noch unterwegs-selbst wenn die Finanzkrise ihren Höhepunkt 
überschritten haben sollte. Und dass die Analysten von Merrill Lynch 
nun für 2009 einen Rückgang des Ölpreises bis unter 25 Dollar je 
Barrel voraussagen, ist auch ein Hinweis darauf, wie stark die 
Rezession auszufallen droht. Zur Erinnerung: Noch im Juli mussten für
das Fass US-Leichtöl in der Spitze mehr als 140 Dollar bezahlt 
werden. Am Freitag kamen dann noch desaströse Zahlen vom 
US-Arbeitsmarkt herein: Im November gingen netto mehr als eine halbe 
Million Jobs verloren. So schlimm war die Arbeitsmarktlage in den USA
seit 40 Jahren nicht mehr.
Der Dax hat dementsprechend in der gerade zu Ende gegangenen 
Börsenwoche 6,2% eingebüßt, der Stoxx50 ist unter 2000 Punkte 
gerutscht. Bezeichnend ist, dass diese Verluste in einem Umfeld 
stattgefunden haben, das durch die umfangreichste Zinssenkung in der 
(zugegebenermaßen noch nicht sehr langen) Geschichte der Europäischen
Zentralbank gekennzeichnet ist. Damit ist die Erholung an den 
Aktienmärkten wohl schon wieder vorbei, die Rallys haben sich als 
Strohfeuer erwiesen.
Auch für die neue Börsenwoche ist zu erwarten, dass sich die 
Anleger mit Aktienkäufen stark zurückhalten werden. Wie es die 
Analysten der Landesbank Baden-Württemberg ausdrücken: Die anhaltende
Risikoaversion verhindert eine nachhaltige Erholung. Ferner dürften 
sich die zur Veröffentlichung anstehenden Makrodaten aus Europa und 
den USA als Belastung für die Aktienmärkte erweisen.
So werden wohl am Dienstag die ZEW-Konjunkturerwartungen, die 
bereits im November sehr schlecht ausgefallen sind, weiter 
abrutschen. Am Freitag dürften dann die Zahlen zu den amerikanischen 
Einzelhandelsumsätzen im November von einem weiteren empfindlichen 
Rückgang künden.
Zudem schwebt über der Wall Street - und in der Folge auch über 
den europäischen Märkten - ein Damoklesschwert: Es ist noch nicht 
absehbar, ob der amerikanische Kongress oder die US-Regierung den 
drei Autoherstellern General Motors (GM), Ford und Chrysler in 
ausreichendem Umfang unter die Arme greifen wird, sodass Anträge auf 
Gläubigerschutz nach Chapter 11 der US-Konkursordnung vermieden 
werden können. Akut gefährdet ist GM - ein Bankrott des Giganten 
würde Schockwellen auf den Aktienmärkten auslösen.
(Börsen-Zeitung, 6.12.2008)

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