Börsen-Zeitung: Das Patentrezept fehlt, Kommentar zum Konjunkturpaket von Angela Wefers
Frankfurt (ots)
Regierungssprecher Ulrich Wilhelm baute schon mal vor: Der Koalitionsausschuss werde noch nicht über das neue Konjunkturpaket in zweistelliger Milliardenhöhe entscheiden. Ganz klar - nach der Festlegung der Unionsspitze auf Steuersenkungen zur Stützung der Konjunktur ist Streit in der großen Koalition programmiert. Denn Steuern senken wollen die Sozialdemokraten gerade nicht, ganz im Gegenteil.
Patentrezepte gibt es nicht, um den drohenden konjunkturellen Absturz mit politischen Interventionen abzumildern. Die Art dieser Krise und ihr Ausmaß sind ohne Vorbild. Deshalb muss das Konjunkturpaket II notgedrungen ein Sammelsurium von Einzelmaßnahmen bleiben. Die Regierungsparteien, CDU/CSU und SPD, setzen auf eine Mischung aus staatlichen Investitionen in Infrastruktur, Klimaschutz und Bildung sowie Fördermittel und Kreditverbilligung, um private Investitionen anzuregen. Hinzu kommen beschäftigungssichernde Maßnahmen und Initiativen zur Qualifizierung.
Staatliche Direktinvestitionen sind der sicherste Weg, über den die öffentlichen Mittel tatsächlich in den Wirtschaftskreislauf fließen. Überbrückungsmaßnahmen bei der Beschäftigung erlauben eine schnellere Erholung, wenn die Wirtschaft anspringt. Finanzielle Geschenke an die Bürger bergen indessen Risiken. Sie müssen für den einzelnen spürbar sein, wenn sie zu zusätzlichen Ausgaben verleiten sollen. Zudem bleibt für den Staat zu hoffen, dass seine Bürger nicht lediglich sparen. Je umfassender Erleichterungen über öffentliche Kredite finanziert werden, umso stärker belasten künftig Zins und Tilgung. Vertrauen schafft dies nicht, obwohl dies erste politische Pflicht zur Krisenbewältigung wäre.
Sowohl die SPD als auch die Union begünstigen zudem mit ihren Vorschlägen Verzerrungen in der Einkommensteuer. Die SPD will zur Finanzierung öffentlicher Ausgaben höhere Einkommen befristet für zwei Jahre zusätzlich belasten, die Union für kleine Einkommen den Grundfreibetrag erhöhen und die kalte Progression abmildern. Das Problem der Einkommensteuer besteht jedoch nicht in einer zu geringen Belastung der oberen Einkommen. Tatsächlich liegt die wesentliche Last dort und ist insgesamt auf zu wenige Schultern verteilt. Ein brauchbarer Vorschlag würde diese Problematik lösen, anstatt nur teure Lücken zu reißen.
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