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Börsen-Zeitung: Alte Dame - Neue Rechnung, Kommentar zum Rekordtief für den britischen Leitzins von Norbert Hellmann

Frankfurt (ots)

Historische Marken haben einen Charme, dem man
sich nur schwer entzieht. So gesehen stellt die jüngste Zinssenkung 
der Bank von England von 2 auf 1,5% etwas ganz Besonderes dar. Die 
älteste unter den führenden Zentralbanken kennt eigentlich keine 
Niedrigzinsen. Seit dem Gründungsjahr 1694 hat man sich durch die 
Jahrhunderte und über alle Kriege, Depressionen und Marktturbulenzen 
hinweg nie dazu veranlasst gesehen, mit dem Leitzins unter die 
Zwei-Prozent-Marke zu gehen.
Seit vergangenem Oktober aber hat die Zentralbank eine neue 
Zeitrechnung ausgemacht. Die Finanzkrise und Wirtschaftsverfassung 
auf der Insel werden als ein Sonderfall gesehen, der entsprechende 
Maßnahmen rechtfertigt, die bar jeder historischen Einordnung sind. 
So wurde der Leitzins seit Oktober in gewaltigen Schritten von bis zu
150 Basispunkten von 5 auf 1,5% zurückgenommen. Bis Quartalsende kann
mit zwei weiteren Senkungen auf dann 0,5% fest gerechnet werden.
Trotz Verweisen auf Output-Rückgänge und Stimmungsbarometer werden
die einzelnen Schritte weiterhin penibel mit dem Modell zur 
Punktzielsteuerung der Inflation begründet. Offiziell tanzt damit 
keine der Entscheidungen aus der Reihe, sondern hat mechanische 
Zielerfüllungsqualität. Wenn man allerdings bedenkt, wie plötzlich 
die Bank das Ruder herumriss, muss die Prognosequalität des Modells 
über weite Strecken des Jahres 2008 so ärmlich gewesen sein, dass man
ihm auch jetzt nicht über den Weg trauen kann. Das ist jedoch fast 
Nebensache. Downing Street und der Rest der Nation schreien nach noch
niedrigeren Zinsen und werden sie bekommen.
Dass die Zentralbank aber nicht wie die Amerikaner direkt an die 
Nullmarke geht, dürfte allerdings einen anderen Hintergrund haben. 
Danach gibt es nur noch quantitative Lockerung als geldpolitisches 
Steuerungsinstrument. Dies bedarf streng genommen keiner monatlichen 
Ratssitzungen des Monetary Policy Committee, sondern der Abstimmung 
mit der Regierung.
Die Treasury hat schon deutlich gemacht, dass sie bei der direkten
Beeinflussung der Geldbasis ein Wörtchen mitzureden hat. Das wäre 
aber kein schleichender, sondern ein abrupter und offensichtlicher 
Verlust an geldpolitischer Unabhängigkeit, den die "Old Lady" in der 
Threadneedle Street sicher gerne noch hinauszögern möchte.

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