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Börsen-Zeitung: Politische Händel, Kommentar zum Rücktritt des Bahn-Chefs von Ulli Gericke

Frankfurt (ots)

Hartmut Mehdorn war ein Glücksfall für die
Deutsche Bahn. Keiner seiner Vorgänger hat wie er gegen den 
immerwährenden politischen Einfluss von Bund, Ländern und Gemeinden 
auf die Bahn gekämpft. Wie von der Bahnreform Mitte der neunziger 
Jahre vorgesehen, hat er den jahrzehntelang hoch defizitären 
Staatskonzern zu einem streng wirtschaftlich orientierten Unternehmen
umgeformt. Wollen Landespolitiker einen besseren Schienenverkehr 
zwischen A und B, müssen sie die Strecken bestellen - und bezahlen. 
Dann fährt die Bahn, manchmal die rote, immer häufiger aber auch die 
gelbe, grüne oder blaue Konkurrenz, die zumeist aus dem Ausland 
kommt.
In diesem Umfeld wachsenden Wettbewerbs war der Börsengang der 
Bahn für Mehdorn nicht nur deshalb wichtig, weil damit neues 
Eigenkapital für die Expansion des weltweit tätigen Logistikkonzerns 
eingeworben werden sollte. Private Investoren hätten auch den 
politischen Einfluss zurückgedrängt, selbst wenn, wie geplant, der 
Staat auch in Zukunft die Mehrheit an dem Unternehmen behalten hätte.
Doch dazu kam es nicht mehr, nachdem die Finanzturbulenzen alle 
IPO-Pläne weggeblasen hatten. Seitdem mehren sich die Stimmen (vor 
allem in der ohnehin kapitalmarktskeptischen SPD), die einen erneuten
Anlauf an die Börse grundsätzlich ablehnen und das Heil des 
Schienenkonzerns in einem besseren Regionalverkehr sehen.
Monatelang hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel gehofft, die 
Neubesetzung an der Bahn-Spitze erst nach der Bundestagswahl 
vornehmen zu können - ohne lästige Mitwirkungsrechte des 
Koalitionspartners. Die Eskalation in der Datenaffäre, die 
schließlich die einstmals Mehdorn-treuen Mehrheitsgewerkschafter 
gegen ihn aufbrachte, macht nun einen schnellen Amtswechsel nötig. Zu
einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Denn mit dem hochkochenden 
Wahlkampf wächst die Gefahr, rasch einen politisch genehmen, nicht 
aber rein unternehmerisch denkenden Mann an die Spitze zu bestellen. 
Gut möglich ist auch ein fauler Kompromiss à la 
öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Der eine Koalitionspartner bestimmt 
den Holding-Vorstandschef, dafür bekommt die andere Partei das 
Zugriffsrecht auf die Tochter DB Mobility Logistics. Genau um solche 
Händel zu vermeiden, sollte die Bahn an die Börse fahren - 
hoffentlich gibt es nach der Wahl einen baldigen neuen Anlauf.
Weitere Informationen: www.boersen-zeitung.de

Pressekontakt:

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