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Börsen-Zeitung: Investoren verlässt der Mut, Marktkommentar von Thorsten Kramer

Frankfurt (ots)

Nun hat auch die spekulativ operierenden
Investoren der Mut verlassen. Verunsichert insbesondere durch einige 
enttäuschende US-Konjunkturzahlen sicherten sie in der nun 
abgelaufenen Handelswoche an den internationalen Aktienmärkten lieber
Gewinne ab. Die Rendite, die sie mit ihren Investments erzielten, ist
dabei sehr beachtlich. Der Dax beispielsweise notierte zu 
Wochenbeginn noch rund 33% höher als am 9.März, als er bei 3589 
Punkten auf den tiefsten Stand seit Dezember 2003 gerutscht war. Der 
Stoxx50 gewann innerhalb der vergangenen Wochen rund 31%, der 
US-Leitindex S&P500 zog zugleich 27% an.
Diese rasante Kursrally wurde von der Hoffnung auf eine 
Stabilisierung der Weltwirtschaft getragen, nachdem einige stark 
beachtete Frühindikatoren wie der ISM-Einkaufsmanagerindex für die 
Vereinigten Staaten und der Ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland 
eine Trendwende angedeutet hatten. Nun verschaffen sich aber 
zunehmend die mahnenden Stimmen Gehör, die auf die weiterhin vielfach
enttäuschenden Realdaten verweisen und die Erholung an den Börsen als
übertrieben einstufen.
Auf neue positive Impulse warteten Marktteilnehmer in der nun 
abgelaufenen Woche jedenfalls vergeblich. In diesem Umfeld wirkte 
sich die Veröffentlichung der enttäuschenden Umsatzentwicklung im 
US-Einzelhandel zur Wochenmitte besonders negativ aus. Und so verlor 
etwa der Dax innerhalb von fünf Tagen 3,6% auf 4738 Zähler.
Große Barrieren
Es ist zu befürchten, dass dies nur der Auftakt zu der bereits 
seit längerem erwarteten Konsolidierung an den Börsen gewesen ist. 
Dafür spricht, dass schon allein die Markttechnik den Indizes große 
Barrieren in den Weg gerückt hat. Fundamental betrachtet besteht 
weiterhin enorme Unsicherheit über die weitere konjunkturelle 
Entwicklung. So fielen außer den US-Einzelhandelsdaten zuletzt auch 
die Statistiken zur Industrieproduktion in Europa und zur 
Exporttätigkeit der chinesischen Unternehmen unerwartet schwach aus.
Der Beleg dafür, dass die Frühindikatoren tatsächlich eine Wende 
im konjunkturellen Zyklus signalisieren, steht weiterhin aus.
Zusätzlich ist an den Märkten das Enttäuschungspotenzial gewachsen, 
weil die Erwartungshaltung zumindest bei einigen eher kurzfristig 
ausgerichteten Investorengruppen durch die positive Entwicklung der 
Frühindikatoren deutlich gestiegen ist; langfristig operierende 
Investoren waren dem Markt bislang ohnehin ferngeblieben. So besteht 
in der nun anlaufenden neuen Handelswoche das Risiko, dass die 
Einkaufsmanagerindizes für die Eurozone, die am Donnerstag 
veröffentlicht werden, die Prognosen verfehlen und dadurch neue 
Zweifel daran streuen, dass sich die Wirtschaft zum Jahresende 
stabilisiert. Dies würde nicht zuletzt die spürbar gesunkene 
Volatilität an den Aktienmärkten aufs Neue antreiben. Sehr sorgsam 
werden Marktteilnehmer zudem am Dienstag aktuelle Daten vom 
US-Häusermarkt sowie am Mittwoch das Protokoll der jüngsten Sitzung 
des Fed-Offenmarktausschusses studieren. Zudem stehen der ZEW-Index 
für Deutschland und der Philly Fed Index zur Veröffentlichung an.
Trübe Aussichten
Die Risikoaversion würde auch dann wieder steigen, wenn 
Unternehmen verstärkt negative Signale senden. Dies ist durchaus 
wahrscheinlich, weil sie - zumindest in näherer Zukunft - weiterhin 
mit Problemen zu kämpfen haben. So bleibt die Nachfrage nach vielen 
Produkten und Dienstleistungen mau. Dies drückt auf die Margen und 
führt dazu, dass viele Manager weiterhin lieber auf einen konkreten 
Ausblick auf das laufende Geschäftsjahr verzichten. Zudem bleiben die
Finanzierungsbedingungen schwierig.
Nachdem durch die Kursrally seit März auch in einigen Sektoren die
Bewertungen stark gestiegen sind, deutet zusammengenommen einiges 
darauf hin, dass die Pessimisten nun Oberhand gewinnen. Für den Dax 
gelten bei einer Korrektur 4000 Punkte als Zielmarke. Spannend wird 
dann gegebenenfalls zu beobachten sein, ob der Markt auf diesem 
Niveau beim zweiten Versuch einen Boden ausbildet. Er könnte das 
Fundament für eine spätere nachhaltige Kurserholung bilden, die dann 
von positiven Realdaten getragen wird.

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