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Börsen-Zeitung: Der Startschuss der Fed, Börsenkommentar "Marktplatz", von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Im Prinzip hatte Ben Bernanke, Chef der
amerikanischen Notenbank, den jüngsten Schritt seines Hauses mit etwa
einer Woche Vorlauf angekündigt. Als die Anhebung des Diskontsatzes 
durch die Fed von 0,5% auf 0,75% am Donnerstagabend dann tatsächlich 
kam, herrschte doch allgemein Überraschung vor, wie sich an den 
Schockwellen auf den weltweiten Kapitalmärkten ablesen lässt.
So sackte beispielsweise der Euro gegenüber dem Greenback auf ein 
Neunmonatstief von unter 1,35 Dollar ab. Die Kurse amerikanischer und
europäischer Staatsanleihen gingen zumindest kurzzeitig in die Knie, 
und auch an den Aktienmärkten gab es Spuren. Bei den Dividendentiteln
diesseits und jenseits des Atlantiks setzte allerdings bald wieder 
die Erholung ein, sodass beispielsweise der Dax am Freitag mit einem 
Plus von 0,7% aus dem Handel ging.
Auffällig ist, dass die Fed die Bedeutung ihrer Maßnahme stark 
herunterspielt. Dies fängt schon damit an, dass sie die Bekanntgabe 
unter die äußerst harmlos klingende Überschrift "Modifikation der 
Bedingungen des Diskontfenster-Kreditprogramms" stellt. Von einer 
Trendwende der Zinspolitik ist somit zumindest in der offiziellen 
Darstellung auch nicht ansatzweise die Rede. Damit korrespondiert 
auch, dass Fed-Offizielle am Freitag noch einmal betonten, es handele
sich nicht um die Trendwende in der US-Geldpolitik, vor der die 
Märkte Angst haben, sondern lediglich um eine technische Anpassung.
In der Tat handelt es sich bei der Veränderung des Diskontsatzes 
nicht um eine Anhebung des Leitzinses. Der Leitzins im engeren Sinn 
ist in den USA bekanntlich die Zielgröße für den Interbankensatz 
("Fed Funds Rate"), also derjenige Zinssatz, zu dem die 
amerikanischen Banken und Sparkassen untereinander Geld leihen und 
verleihen, um ihre Salden im Rahmen der Mindestreserveverpflichtungen
bei der Zentralbank auszugleichen. Zur Steuerung der zunächst nur als
geldpolitisches Ziel formulierten Verzinsung setzt die Fed dann über 
ihre New Yorker Filiale Offenmarktgeschäfte ein. Gegenwärtig wird als
Leitzins von der Fed - unverändert - ein Zielband von null bis 0,25% 
angegeben. Der Diskontsatz ("Discount Rate" oder auch "Repo Rate") 
ist hingegen die Verzinsung, die die Fed Banken in Rechnung stellt, 
wenn sich diese zumeist wegen der kurzfristigen Verknappung von 
Liquidität Zentralbankgeld leihen müssen. Traditionell handelte es 
sich um Notfall-Kredite, weshalb es die Fed stets streng geheim 
hielt, wenn Bankvertreter den Gang an den entsprechenden Schalter 
("Discount Window") im Gebäude der New York Fed antreten mussten.
Nach den Terroranschlägenvom 11.September 2001 und mehr noch im 
Rahmen der Finanzkrise hat die Finanzierung der Banken über das 
Diskontfenster der Fed allerdings stark an Bedeutung gewonnen. Um das
Stigma des Diskontfensters zu überwinden, ging die Fed dazu über, die
Mittel in einer "Term Auction Facility" zu verauktionieren. In der 
Krise wuchsen die Ausleihungen so auf bis zu 400 Mrd. Dollar an. 
Daher verwundert es nicht, wenn die meisten US-Beobachter der 
aktuellen Maßnahme eben doch große Bedeutung beimessen.
Mit dem Schritt hat die Fed zweifellos den Startschuss zu einer 
Politik der Normalisierung der Verhältnisse an den Kapitalmärkten 
gegeben. Die Notenbanken hatten rund um den Globus zur Bewältigung 
der Krise unglaubliche Mengen an Liquidität in die Märkte injiziert. 
Damit die Lage mit Blick auf die Entstehung liquiditätsgetriebener 
Überbewertungsblasennicht wieder aus dem Ruder läuft, ist nun die 
Eindämmung der Mittel angesagt. Die massive Erholung der Märkte seit 
Frühjahr 2009 war im Wesentlichen von der Überschussliquidität 
getrieben, was die am Freitag teilweise recht deutlichen Reaktionen 
der Marktteilnehmer erklärt.
Allerdings wird sich die Fed hüten, das immer noch zarte 
Pflänzchen der US-Konjunktur abzuwürgen. Eine Anhebung des 
Leitzinses, unter der private Haushalte und Unternehmen leiden 
würden, kommt daher auf absehbare Zeit nicht in Frage. Dies erklärt 
letztlich auch, weshalb sich Aktienmärkte am Freitag recht robust 
zeigten.
Dennoch wäre es verfrüht zu erwarten, dass die eingeläutete 
Normalisierungspolitik der Fed an den Märkten spurlos vorübergeht. In
den kommenden Monaten wird sich zeigen, wie viel von der Erholung der
Kurse dem konjunkturellen Aufschwung geschuldet ist und wie viel 
lediglich der aufgeblähten Liquidität.
(Börsen-Zeitung, 20.2.2010)

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