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Börsen-Zeitung: Athen lässt aufatmen, Marktkommentar von Thorsten Kramer

Frankfurt (ots)

Es ist Zeit, einmal richtig durchzuatmen. Kaum
auszudenken, was an den Finanzmärkten geschehen wäre, wenn Anleger 
die unter schweren Finanzproblemen ächzenden Griechen in der 
abgelaufenen Woche mit Missachtung bestraft hätten - und die lang 
erwartete Emission einer zehnjährigen Staatsanleihe gescheitert wäre.
Die Angst der Investoren vor einem Staatsbankrott wäre schlagartig 
gestiegen, ebenso wie die Sorge um Europas Währungsunion. Schließlich
ist Griechenland nicht der einzige Risikofall. Zum Glück ist es nicht
dazu gekommen.
Die Griechen haben die Emission ihrer Staatsanleihe, mit der sie 5
Mrd. Euro einsammelten, recht gut und geschickt vorbereitet. Denn sie
wurde den Investoren erst angeboten, nachdem am Vortag unter starkem 
Protest der Bevölkerung ein Sparpaket im Volumen von 4,8 Mrd. Euro 
verkündet worden war und die Partner innerhalb der Europäischen Union
Griechenland dafür ausdrücklich lobten.
Aktieninvestoren hatten die Sparbeschlüsse der Regierung in Athen 
bereits frühzeitig antizipiert. Deshalb zogen die Leitindizes bereits
zuvor deutlich an. Innerhalb von fünf Handelstagen verbesserte sich 
beispielsweise der Dax um 5% auf 5877 Punkte, eine ähnlich gute 
Entwicklung schaffte er zuletzt im Oktober. Damit wird die Luft nun 
aber wieder sehr dünn, denn allen Anstrengungen der griechischen 
Regierung zum Trotz: Es war lediglich ein erster Schritt, insgesamt 
muss das Land allein bis Mai an den Kapitalmärkten 20 Mrd. Euro 
einsammeln. Im Gesamtjahr beträgt der Refinanzierungsbedarf sogar 
stolze 53 Mrd. Euro. Das Thema Sovereign Risk wird den Aktienmärkten 
schon deshalb noch über Monate als belastendes Element erhalten 
bleiben. Hinzu kommt, dass auch Portugal, Spanien und Italien infolge
der Finanz- und Wirtschaftskrise schwere Finanzprobleme haben.
Nachdenklich stimmt es Anleger zudem, dass in jüngerer 
Vergangenheit wichtige Konjunkturindikatoren eher enttäuschten. Davon
ausgenommen ist der US-Arbeitsmarktbericht, der vor dem Wochenende 
die Stimmung zusätzlich aufhellte. Im Februar bauten Arbeitgeber dort
36000 Stellen ab, Volkswirte hatten im Schnitt aber mit 50000 
gerechnet. Dies verstärkte die Hoffnung auf eine baldige Trendwende, 
die einige Banken schon für den Jahresbeginn prognostiziert hatten. 
Die Entwicklung am Arbeitsmarkt ist entscheidend für die Ausgaben der
US-Konsumenten, die wiederum rund zwei Drittel der 
Wirtschaftsleistung in den USA ausmachen und somit die tragende Säule
der Konjunktur sind.
Enttäuschend fielen zuletzt aber die Auftragseingänge in der 
Industrie aus, ein Hinweis, dass der erhoffte selbsttragende 
Aufschwung weiter auf sich warten lässt. Zudem gab der viel beachtete
Einkaufsmanagerindex für die Industrie des Institute for Supply 
Management von 58,4 auf 56,5 Punkte nach - was Aktieninvestoren zur 
Vorsicht mahnt. Schließlich legt das die Befürchtung nahe, dass 
dieser Indikator nach einem mehrere Monate andauernden Anstieg 
bereits seinen Zenit überschritten hat. Die Historie lehrt, dass nach
diesem Wendepunkt die Aktienmärkte auf Sicht von sechs und zwölf 
Monaten zumeist eine unterdurchschnittliche Entwicklung zeigen, denn 
der Rückgang wichtiger Frühindikatoren weckt unter den Investoren die
Sorge, dass sich das Wachstum wieder abschwächt oder - im aktuellen 
Umfeld - die Wirtschaft ein zweites Mal in Richtung Rezession 
abgleitet.
In einer solchen Phase wächst die Verunsicherung bezüglich der 
Entwicklung der Unternehmensgewinne und der Ausschüttungen an die 
Anteilseigner. Anleger fordern deshalb eine höhere Risikoprämie als 
zuvor, das heißt, dass die Aktienbewertung sinkt. Anleihen werden in 
solchen Zeiten im Vergleich zu Aktien attraktiver - auch dies lehrt 
der Blick in die Vergangenheit.
Auf kurze Sicht dürfte der positive Griechenland-Effekt allerdings
noch etwas anhalten. Womöglich erhält der Markt weiteren Auftrieb, 
wenn sich die Hinweise darauf verdichten, dass die Geschäftszahlen 
für das laufende erste Quartal überwiegend positiv ausfallen dürften.
Ein Anstieg im Dax weit über 6000 Punkte hinaus, so wie ihn einige 
Marktteilnehmer vor dem Jahreswechsel prognostiziert hatten, dürfte 
im aktuellen Umfeld aber Utopie bleiben, es sei denn, dass das Thema 
Sovereign Risk wider Erwarten an Schärfe verliert und sich dadurch 
die latente Angst vor einem Staatsbankrott in der Eurozone in Luft 
auflöst.

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