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Börsen-Zeitung: Hohe Nervosität, Marktkommentar von Dieter Kuckelkorn

Frankfurt (ots)

Der Dax hat die beendete Börsenwoche zwar mit einem leichten Aufschlag im Vergleich zum Freitag der Vorwoche absolviert. Dennoch präsentieren sich die Märkte aktuell in einer nicht sehr erfreulichen Verfassung: Es herrscht eine enorme Nervosität vor. Dies ist beispielsweise daran ablesbar, dass der Euro gegenüber dem Greenback unlängst auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren gefallen ist. Zum Yen markierte die Gemeinschaftswährung sogar den niedrigsten Stand seit 2001. Beunruhigend ist auch, dass führende Indizes für den Credit-Markt wieder auf das Niveau von vor der Verabschiedung des Rettungspakets für den Euro gestiegen sind. Und am Bondmarkt hält die Flucht in Qualität unvermindert an: Die Renditen zwei-, fünf- und zehnjähriger Bundesanleihen sind zeitweise auf Rekordtiefs gesunken.

Die Marktteilnehmer machen sich derzeit in zweierlei Hinsicht Sorgen. Die Schieflage der spanischen Sparkasse Cajasur hat schwerwiegende Probleme des spanischen Bankensystems aufgedeckt. Damit rückt neben Griechenland jetzt verstärkt wieder Spanien in den Fokus, wobei nach wie vor gilt, dass eine Rettungsaktion der Europäischen Union (EU) für Spanien eine ganz andere Dimension hätte als das Griechenland-Paket. Wie die Ökonomen der Citigroup schreiben, hängt das Schicksal des spanischen Bankensektors in einem hohen Maß von der weiteren Entwicklung des angeschlagenen spanischen Immobilienmarktes ab. In dieser Hinsicht sehen die Experten relativ schwarz: Die Korrektur der spanischen Häuserpreise sei erst zur Hälfte erfolgt. Dies sowie der anhaltende Rückgang der Bauaktivitäten berge signifikante Risiken für die Bilanzen der iberischen Banken und in der Folge auch für das Credit-Risiko spanischer Staatsanleihen. Da passt es ins Bild, dass die Ratingagentur Fitch Spanien am Freitagabend von "AAA" auf "AA+" zurückgestuft hat.

Angst vor "Double-Dip"

Es gibt noch einen weiteren, neuen Problemkreis: An den Märkten ist man sich zunehmend darüber im Klaren, dass die Krise des Euro und vor allem die getroffenen Gegenmaßnahmen der Staaten die Konjunktur deutlich abbremsen könnten. Inzwischen wird sogar wieder das Szenario einer "Double-Dip"-Rezession diskutiert. Die EU-Staaten wollen zusammen rund 400 Mrd. Euro in ihren Budgets einsparen. Auf der einen Seite ist dies notwendig, um das durch die Rettungspakete für den Bankensektor im Rahmen der Finanzkrise verloren gegangene haushaltspolitische Gleichgewicht wieder herzustellen - was eine Voraussetzung für den langfristigen Bestand der Gemeinschaftswährung ist. Auf der anderen Seite lässt dieser Betrag nicht nur einigen Marktakteuren angst und bange werden: So sah sich der amerikanische Finanzminister Timothy Geithner veranlasst, seinen Amtskollegen Wolfgang Schäuble bei einem Besuch in Berlin zu ermahnen, es komme auf ein ausgewogenes Verhältnis von Defizitreduzierung einerseits und Stärkung der Kräfte für Wachstum und Beschäftigung andererseits an. Dass Geithner damit in Berlin ein offenes Ohr findet, darf bezweifelt werden.

Euro unter Druck

Vor diesem Hintergrund ist zu erwarten, dass der Druck auf den Euro, der in den vergangenen Tagen etwas nachgelassen hat, wieder zunehmen wird. Zwar haben Chefvolkswirte deutscher Banken sowie Leiter von volkswirtschaftlichen Forschungsinstituten gemäß einer Umfrage der Börsen-Zeitung den fairen Wert der Gemeinschaftswährung im Schnitt auf 1,20 Dollar taxiert. Letztlich erwarten aber viele Marktteilnehmer, dass der Euro noch deutlich unter diese Marke fallen wird und zumindest zeitweise die Parität zum Greenback ins Auge fassen dürfte - zeitweise deshalb, weil irgendwann an den Märkten die Erkenntnis reifen sollte, dass die US-Staatsfinanzen kaum besser aussehen als die europäischen.

Da mit einem fallenden Euro die am europäischen Aktienmarkt erzielten Renditen von Investoren aus Übersee zurückgehen, wird sich bei den Dividendentiteln aus der Alten Welt die Korrektur vermutlich noch eine Weile fortsetzen - auch wenn die aktuellen Konjunkturdaten nicht nach einem Rückfall in die Rezession aussehen. Anleger sollten jedenfalls an der Seitenlinie abwarten, bis die allgemeine Nervosität nachgelassen hat.

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