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Börsen-Zeitung: Szenen einer Traumehe, Kommentar von Angela Wefers zum Zustand der Berliner Regierungskoalition

Frankfurt (ots)

Der offene Streit zwischen CDU, CSU und FDP kommt nicht zur Ruhe - über das Sparpaket, die Gesundheitsreform oder die Frage der Abschaffung der Wehrpflicht. Die Wahl des schwarz-gelben Kandidaten für das Bundespräsidentenamt, Christian Wulff (CDU), ist noch unsicher. Die Liberalen wackeln. Die Bevölkerung ist zu Recht alarmiert ob dieses Durcheinanders. Die Umfragewerte sinken, und das nachdem sich Konservative und Liberale noch vor der Wahl im Herbst als Wunschpartner auserkoren hatten. Traumehen sehen anders aus.

Die Opposition aus SPD und Bündnis 90/Die Grünen wittert Morgenluft und fordert Neuwahlen. Was für eine absurde Idee. Zwar hat die Stimmung gedreht und beide Parteien haben deutlich aufgeholt, für eine rot-grüne Mehrheit würde es dennoch nicht reichen. Da bliebe nur, auf Bundesebene das zu wagen, was gerade in Nordrhein-Westfalen misslang: die Regierungsbeteiligung der Linken. Unabhängig von der Bewertung einer solchen Konstellation, die man mögen kann oder nicht, dürfte ein solcher Dreierbund kaum stabiler sein als das aktuelle Bündnis.

Darüber hinaus ist Demokratie keine Staatsform, bei der immer dann neu gewählt wird, wenn es gerade schwierig wird. Der Bundestag kann sich gemäß der Verfassung - aus gutem Grund leidvoller historischer Erfahrung - nicht auflösen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) müsste die Vertrauensfrage stellen und verlieren. Warum sollte sie? Um sich auf die Oppositionsbank zu setzen? Bei weitem ist es nicht so, als hätten Regierungen vor ihr nicht auch mit Schwierigkeiten zu kämpfen gehabt. Merkels Amtsvorgänger Gerhard Schröder (SPD) musste 2001 als erster Kanzler die Vertrauensfrage mit einer Sachfrage - der Entsendung deutscher Soldaten zur Terrorbekämpfung - verknüpfen.

Die schwarz-gelbe Koalition gibt ein jämmerliches Bild. Sie ist Opfer ihrer schnellen, wenig präzisen und widersprüchlichen Verhandlungen des Koalitionsvertrags. Viele Positionen müssen nun geklärt und nachverhandelt werden. Dazu waren Griechenland- und Euro-Krise sowie der Rücktritt des Bundespräsidenten nicht gerade hilfreich. Nun aber ist es höchste Zeit, einmal getroffene Entscheidungen wie zum Sparpaket nicht in Frage zu stellen, sondern zu begründen und durchzustehen. Nicht aufhören, heißt die Devise, sondern endlich anfangen mit dem Regieren.

(Börsen-Zeitung, 15.6.2010)

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