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Börsen-Zeitung: Sich selbst der Nächste, Kommentar zur Initiative Finanzstandort Deutschland von Bernd Wittkowski

Frankfurt (ots)

Als Tiger losgesprungen, als Bettvorleger gelandet: Dieses Schicksal droht der Initiative Finanzstandort Deutschland (IFD). Der angekündigte Austritt der Munich Re und des Versichererverbandes GDV zeigt zum einen, dass die Assekuranz am Finanzplatz gravierende Integrationsprobleme hat. Dabei übersehen die Abtrünnigen, dass von einer international wettbewerbsfähigen Kapitaldrehscheibe jenseits spezifischer Brancheninteressen die gesamte nationale Finanzwirtschaft inklusive der Versicherer profitiert. Und wer beklagt, dass ein Club die Belange seiner heterogenen Mitgliedschaft ungleichgewichtig vertritt, muss sich zunächst mal selbst fragen lassen, ob er sich mit seinen eigenen Themen hinreichend eingebracht hat. Dass Banken und Versicherer Konkurrenten sind, wusste man schließlich schon bei der Vereinsgründung.

Zum anderen hat sich aber auch die in der IFD versammelte Bankenprominenz nicht nachhaltig mit Ruhm bekleckert. Das Baby von Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann hatte in seinen ersten Lebensjahren durchaus vielversprechend laufen gelernt. Auf Feldern wie Mittelstandsfinanzierung oder Real Estate Investment Trusts wurden greifbare Ergebnisse erzielt, zu anderen Themen wie Altersvorsorge oder Bürokratieabbau immerhin viel Papier bedruckt. Doch der Elan ließ bald nach. Und jüngere Arbeitskreise zu Verbraucherschutz oder Vergütungsfragen sind noch gar nicht zu Potte gekommen; auf den Websites zumindest herrscht dazu gähnende Leere.

Ein früher Fehler war es sicher, die ursprünglich Marktpraktikern sowie Vertretern von Bundesbank und Bundesfinanzministerium vorbehaltene Initiative für Verbände zu öffnen. Spätestens da war regelmäßig Zoff angesagt. Ein weiterer Fehler: Die A-Promis haben sich längst zurückgezogen und schicken Chefvolkswirte vor. Nichts gegen die Ökonomen, aber so kann man eine an sich sinnvolle Veranstaltung unter die Wahrnehmungsschwelle der breiten Öffentlichkeit bugsieren. Von solchen konzeptionellen Mängeln abgesehen leidet die IFD unter dem allgemeinen Problem ähnlich illustrer Gesellschaften: Letztlich ist sich jeder selbst der Nächste. Das gilt umso mehr in Zeiten der Krise. Dass die Finanzplatzakteure gerade jetzt geschlossen auftreten und mit einer Stimme sprechen sollten, ist der hehre Anspruch. Dass die Interessen der Clubmitglieder etwa in Sachen Regulierung völlig auseinanderlaufen, ist die raue Wirklichkeit.

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