Börsen-Zeitung: Radikalschwenk vonnöten, Kommentar zur Solarindustrie von Ulli Gericke
Frankfurt (ots)
Die Ausgangslage ist klar, die Konsequenz daraus völlig unklar. Klar ist, dass die erhoffte Energiewende weg vom Atomstrom nur gelingen kann, wenn erneuerbare Energien deutlich mehr leisten als bisher - der Anteil von Sonne, Wind und Wasser an der Elektrizitätserzeugung muss sich binnen zehn Jahren mindestens verdoppeln.Unklar ist jedoch, was diese in der Welt wohl einmalige Systemwende kostet. Unklar ist zudem, wie die inzwischen auf jährlich etwa 11 Mrd. Euro explodierten Ökostromkosten wenigstens einigermaßen begrenzt werden können. Ist es bislang doch so, dass der bei weitem teuerste Sauber-Strom, die Photovoltaik, weit mehr als die Hälfte aller Förderkosten vereinnahmt, aber nur ein Fünftel der Öko-Energie erzeugt - und lediglich minimale 2% des Stroms bereitstellt, den Industrie und Privathaushalte aus der Steckdose ziehen.
Dafür macht die Branche aber umso mehr Getöse. Die überhöhten Subventionen - zu zahlen 20 Jahre lang ab Netzanschluss - werden als sakrosankt verteidigt, obwohl die Politik den technischen Verbesserungen, die eigentlich viel höhere Förderkürzungen erlauben, seit Jahren hinterherläuft. Dabei hilft der Branche eine unheilige Allianz offener und klandestiner Unterstützer - angefangen von der rot-roten Landesregierung in Brandenburg, wo die Solarindustrie ein wichtiger Arbeitgeber ist, bis zum CSU/FDP-regierten Bayern, wo Zehntausende Handwerker damit beschäftigt sind, Solarmodule auf Hausdächer und Schweineställe zu schrauben. Bei genauerem Hinsehen montieren die fleißigen Handwerker jedoch zu 80% chinesische Solarpaneele. Damit fließt auch der Großteil der Subventionen nicht in heimische Fabriken, sondern dient als Aufbauhilfe für Solarkonzerne aus dem Reich der Mitte, die inzwischen fast die Hälfte aller weltweit produzierten Module fertigen.
Kein Zweifel, eine Exportnation wie Deutschland darf keine Importbarrieren errichten. Auch die Konsumelektronik wird seit Jahrzehnten nur noch in Fernost produziert - allerdings ohne den steten Fluss milliardenschwerer Subventionen aus Mitteleuropa. Eine zusätzliche Kürzung der zu hohen Solarförderung wäre angebracht - löst das Problem aber nicht, weil chinesische Lieferanten dank ihrer geringen Kosten noch jede Preissenkung mitmachen können. Verlierer sind Solarworld, Q-Cells & Co. - es sei denn, die Politik schafft den Radikalschwenk und fördert nicht mehr Masse, sondern Forschung und Entwicklung, um den Unternehmen wenigstens einen Hauch von Überlebenschance zu geben.
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