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Börsen-Zeitung: Ende der Glaubwürdigkeit, Kommentar zur Europäischen Zentralbank von Stephan Balling

Frankfurt (ots)

Das war's dann mit der Glaubwürdigkeit. Anstatt die Verantwortung für die Fiskalpolitik in Euroland wieder an die Regierungen zurückzugeben, ist die Europäische Zentralbank (EZB) bereit, sich noch mehr Ramschanleihen in die Bücher zu holen. Schenkte man den Äußerungen von EZB-Direktoriumsmitgliedern in den vergangenen Wochen Glauben, dann ging die Logik der Notenbanker so: Wir haben durch unsere besonderen Krisenmaßnahmen, durch den Ankauf von Staatsanleihen und das Aussetzen des Sicherheitenrahmens für griechische Anleihen den Regierungen nun mehr als ein Jahr Zeit erkauft. Mehr machen wir nicht. Jetzt machen wir wieder Geldpolitik.

Doch nun? Die EZB akzeptiert künftig auch Anleihen von Portugal, unabhängig von deren Bonität. Die Maßnahme sei eine unmittelbare Reaktion auf die Herabstufung Lissabons durch Moody's. Damit lässt sich die EZB ihre Sicherheitenpolitik nun also von einer Agentur diktieren. Noch besser: Trichet fürchtet nicht, dass eine weitere Agentur Portugal herabstuft. Weshalb dann aber die Aussetzung des Sicherheitenrahmens?

Die EZB verstrickt sich immer weiter in Widersprüche. In ihrer Bilanz sammeln sich derweil immer mehr marode Papiere an. Das ist Wasser auf die Mühlen derer, die die EZB längst nicht mehr als unbeteiligten Spieler im Ringen um die Rettung maroder Krisenländer sehen, sondern als involvierte Bad Bank.

Notenbankpräsident Jean-Claude Trichet reagiert mittlerweile höchst gereizt auf diese Vorwürfe. Er brauche keine Belehrungen über Glaubwürdigkeit, entgegnete er auf eine entsprechende Frage. Schließlich liefere die EZB stabile Preise. Die Teuerungsrate in der Eurozone liege genau auf dem Zielniveau der EZB von unter, aber nahe 2%. Wirklich? Trichet sollte noch mal nachrechnen: Zwischen Januar 1999 und Juni 2011 lag die Inflation im Euroraum im Schnitt knapp über 2%. Ohne die deflationären Tendenzen des Jahres 2009 wäre die Rate übrigens noch höher, wie die ersten zehn Jahre der Währungsunion zeigen, als die Preise im Schnitt um 2,2% gestiegen sind.

Es sind diese Verdrehungen von Daten und Gegebenheiten, die der Reputation der EZB so sehr schaden. Auch wenn Trichet die besonderen Maßnahmen und die Anleihekäufe geldpolitisch mit der Störung des Transmissionsmechanismus begründet, ist das schlicht unglaubwürdig. Immerhin wissen die Märkte seit gestern: Die EZB wird in jedem Fall griechische Staatsanleihen als Sicherheiten akzeptieren, egal, ob das Land zahlungsunfähig wird oder welches Urteil die Ratingagenturen über Athen fällen.

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