Börsen-Zeitung: Ein anderes Europa, Kommentar von Detlef Fechtner zur Diskussion um Euroland-Bonds
Frankfurt (ots)
In der Staatsschulden-Diskussion wird oft die Einführung gemeinsamer Schuldenfinanzierung zur Gretchenfrage erhoben: "Nun sag, wie hast du's mit gemeinsamen Euro-Bonds?"
Die Politisierung des Themas macht eine sachliche Debatte schwierig. Wer Vorbehalte gegen Euroland-Bonds äußert, steht schnell im Verdacht mangelnder Solidarität. Wer sich hingegen für sie ausspricht, gilt rasch als Verfechter einer Union, in der es keine finanzpolitische Verantwortung mehr gibt und Schlendrian belohnt wird.
Unbestreitbar ist, dass die Einführung von Euroland-Bonds ein extrem schwieriges Vorhaben wäre. Unklar ist, ob hoch verschuldete Länder dann überhaupt noch Abnehmer für zusätzliche eigene Anleihen finden würden. Auch ist kaum vorstellbar, dass die Euro-Länder auf die umstrittenen Bonds umstellen können, wenn sie nicht gleichzeitig verfassungsrechtliche Änderungen beschließen. Ohne solche Reformen käme man allenfalls aus, wenn man es mit "Euroland-Bonds light" versuchen würde - mit Anleihen ohne gesamtschuldnerische Haftung. Solche Titel jedoch taugen nicht, um das Problem zu lösen. Denn ihnen würde, wie Standard & Poor's signalisiert, ein Rating auf Ramschstatus drohen.
Nein, wenn über Euroland-Bonds gesprochen wird, kann es nur um wirklich gemeinsame Anleihen gehen. Die aber bedürfen Verfassungskorrekturen und der politischen Unterstützung für ein anderes Europa. Einem, in dem die Finanz- und Wirtschaftspolitik nicht mehr in nationaler Hoheit bestimmt wird, sondern in europäischer Absprache.
Denn: Die aktuelle Hilfe der Euro-Partner über den Euro-Schirm fußt auf einer strikten Konditionalität: Geld gegen Souveranität. Griechen, Portugiesen und Iren müssen sich Anpassungsprogrammen unterwerfen. Um dieses Gegengeschäft von Solidarität und Solidität auch in einer Welt mit Euroland-Bonds zu erhalten, müsste der Einfluss auf die nationale Haushaltspolitik sogar noch erweitert und verstetigt werden. Das aber ginge nur über ein europäisches Finanzministerium und eine Euro-Wirtschaftsregierung samt demokratischer Legitimation - und dafür gibt es derzeit keine ausreichende Unterstützung.
Gegenwärtig gibt es deshalb viele gute Gründe, zunächst umzusetzen, was vereinbart wurde, nämlich eine Aufrüstung des Rettungsschirms. Das Konzept gemeinsamer Euro-Bonds verlangt indes einen geduldigen, vorsichtigen Umgang. Gut möglich, dass Euroland irgendwann nicht drum herumkommt. Aber dann muss Europa auch zum großen Integrationsschritt bereit sein.
(Börsen-Zeitung, 6.9.2011)
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