Börsen-Zeitung: Slimfit-Investment, Kommentar zu KPN von Heidi Rohde
Frankfurt (ots)
Der mexikanische Milliardär und Mehrheitseigner des Mobilfunkriesen América Móvil, Carlos Slim, der sein Firmenimperium auf den günstigen Erwerb angeschlagener Unternehmen gegründet hat, beweist in der Telekombranche ein ähnlich glückliches Händchen für den billigen Einkauf wie zuvor schon der ebenfalls familiendominierte chinesische Hutchison-Whampoa-Konzern. Beide Giganten sind in Europa in der Branche auf Schnäppchenjagd - Hutchison just in Österreich und Irland. Dabei kommt ihnen die angespannte Wettbewerbssituation der Telekomfirmen in kleinen Märkten wie auch den Niederlanden entgegen, die die strukturellen Probleme noch verschärft.
KPN passt ebenso ins Fahndungsraster von Slim wie 2007 Telecom Italia, die ihr Tafelsilber im Ausland aufgrund eines drückenden Schuldenbergs fast komplett verscherbeln musste und dem Umsatzverfall im quasi gesättigten Heimatmarkt kaum etwas entgegenzusetzen hatte. Entsprechend fiel die Aktie. Während das Telecom-Italia-Schnäppchen América Móvil damals u.a. von Telefónica - die selbst einstieg - vereitelt wurde, macht der Mexikaner nun den zweiten Anlauf zum Bau eines Brückenkopfs in Europa. KPN erscheint nach einem fast 40-prozentigen Kursverfall binnen Jahresfrist, mit dem die Investoren den Gewinneinbruch quittierten, als ein wahrlich "slimfittes" Investment. Mit einem kümmerlichen Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7 gehört KPN derzeit zu den billigsten Assets der Branche.
Kein Wunder, dass das von dem Coup überraschte KPN-Management das avisierte Gebot als zu niedrig ansieht und zur Abwehr rüstet. Ob sich auch für die Holländer ein Weißer Ritter findet, ist indes eher fraglich. Zwar dürfte die europäische Telekombranche von der Expansion strategischer Investoren aus Westen und Osten in ihren Märkten gleichermaßen unbegeistert sein. Denn diese Neueinsteiger behindern die von den Konzernen verzweifelt angestrebte Konsolidierung der Marktteilnehmer in den einzelnen Ländern. Die hat bei den ohnehin kritischen Kartellwächtern noch weniger Chancen, wenn externe Kaufinteressenten da sind.
Jedoch haben selbst die Großen der Branche kaum noch die finanzielle Kraft - und daher den Willen - unerwünschte Eindringlinge abzuwehren. Nicht einmal Telefónica, die seit Jahren als Bieterin für KPN favorisiert wird, dürfte der Sinn nach derlei Investments stehen, wo sie just ihre eigenen Dividendenversprechen kassieren musste. Anderen geht es ähnlich. Und so verlockend erscheint eine Beteiligung an KPN dann doch nicht.
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