Börsen-Zeitung: Double Trouble, Kommentar zur Diskussion um eine europäische Bankenunion, von Bernd Neubacher.
Frankfurt (ots)
Seit Beginn der Finanz- und Staatsschuldenkrise handeln Banken, Regulierer und Politik wie ein Day Trader. Ihr Motto: If in trouble, double. Das Ergebnis: Double Trouble. Dies gilt für die ins Spiel gebrachten Summen und auch den Kreis der Leidtragenden. Was sich zuerst nur in die Bilanzen der Banken zu fressen drohte, wurde bald der öffentlichen Hand einzelner Staaten aufgebürdet und, als auch diese zusehends überfordert waren, der mit vermeintlich unerschöpflicher Feuerkraft ausgestatteten Europäischen Zentralbank in Form von Staatsschulden überantwortet mit dem Auftrag, diese zu monetarisieren. Wer in diesen Tagen die europaweit aufgelegten Hilfsfazilitäten einmal grob überschlägt, kommt schnell auf Volumina jenseits von 2 Bill. Euro.
Wenn EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio und EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso, wohl nicht zufällig zur gleichen Zeit, nun eine Bankenunion ins Gespräch bringen, hat man allen Grund, alarmiert zu sein. Es zeigt, dass das Prozedere der fortgesetzten Delegation und Sozialisierung von Risiken und Lasten nun auch auf die nationalen Sicherungssysteme der Banken angewendet werden soll. Es ist nicht zuletzt ein Hinweis darauf, dass man in Frankfurt und Brüssel mit seinem Latein so langsam am Ende ist. Warum sonst propagieren Constâncio und Barroso jetzt eine Idee, welche, den Mangel an Rechtsgrundlagen einmal beiseitegeschoben, das Pferd auch praktisch, politisch und institutionell komplett von hinten aufzäumt? Da redet Barroso einer europaweit vereinheitlichten Aufsicht ab 2013 das Wort, dabei hat erst Anfang 2011 in der European Banking Authority eine neue EU-Behörde mit ähnlichem Anforderungsprofil ihre Arbeit aufgenommen. Da träumt Constâncio von einem gemeinsamen Einlagensicherungs- samt Bankenabwicklungsfonds. Dabei hat EU-Kommissar Michel Barnier gerade erst vor wenigen Tagen einen Vorschlag für eine EU-Richtlinie zum Krisenmanagement in Banken und deren geordneter Abwicklung präsentiert. Man beklagt mangelndes Vertrauen und wirft zugleich Konzepte über den Haufen, ehe sie sich bewähren können.
Ob Bankenunion oder Euroland-Bonds - beide Konzepte liefen auf Transfer von Vermögen hinaus, mit allen Fehlanreizen, die damit verbunden sind, so lange sie nicht mit einer Fiskalunion einhergehen. Diese wiederum erforderte demokratische Legitimation, welche die Exponenten der Exekutive offenbar um jeden Preis vermeiden wollen. Es ist Zeit, dass die Legislative aufwacht und wieder den Primat der Politik durchsetzt.
(Börsen-Zeitung, 13.6.2012)
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