Börsen-Zeitung: Wehret den Anfängen, Kommentar zur Bankenunion von Bernd Wittkowski
Frankfurt (ots)
Politik und Wirtschaft, hier namentlich die Banken, leben in unterschiedlichen, einander fremden Welten. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Die an Schärfe zunehmende Debatte über eine Bankenunion zeigt die Inkompatibilität beider Welten aber geradezu exemplarisch. Da denken sich die Regierungschefs der Euro-Staaten, allweil auf die Finanzmärkte starrend wie das Kaninchen auf die Schlange, auf ihrem x-ten Krisengipfel Fragmente einer am liebsten von heute auf morgen zu schaffenden Bankenunion aus - man will die Schlange irgendwie beeindrucken. Umsetzbarkeit, Praxistauglichkeit, die Gefahr von Interessenkonflikten usw. spielen keine Rolle. In der anderen Welt können die Betroffenen angesichts dieses Realitätsverlusts nur mit den Ohren schlackern. Wenn sie ihre Fassung und Sprache wiedergefunden haben, hört sich das an wie am Mittwoch beim Verband der Kreditgenossen: "halbgare Lösungen", "Symbolpolitik", "Hauruck-Entscheidungen" etc. Der BVR-Vorstand gibt sich keine übertriebene Mühe, seine Kritik nett zu verpacken. Warum auch? Sie ist ja absolut gerechtfertigt.
Es ist durchaus zutreffend: Eine Währungsunion kann auf Dauer nur Bestand haben, wenn sie durch eine politische Union - inklusive Fiskal- und Bankenunion - flankiert wird und die Mitglieder dafür, demokratisch legitimiert, über die Geldpolitik hinaus auf wesentliche Souveränitätsrechte verzichten. Das ist nicht erst, aber spätestens seit Maastricht Allgemeinwissen (nach der damals von vielen favorisierten "Krönungstheorie" wäre sogar die umgekehrte Reihenfolge - erst politische Union, dann der Euro - richtig gewesen). Doch die zwei Jahrzehnte, die seither vergangen sind, hat man in den Hauptstädten Eurolands und in der Europa-Kapitale Brüssel diesbezüglich weitestgehend verschlafen - parteiübergreifend. Nun aber, im Angesicht des grassierenden Schuldenschlamassels, soll es hopplahopp gehen. Zuerst soll auf die Schnelle eine gemeinsame Bankenaufsicht unter maßgeblicher Mitwirkung der EZB etabliert werden. Die auf eine Enteignung der deutschen Sparer hinauslaufende Vergemeinschaftung der Einlagensicherung würde im nächsten Schritt folgen, auch wenn eine Beschlussfassung dazu gerade noch abgebogen werden konnte. Von Kontrollrechten derjenigen, die die Zeche zahlen würden (und von den Empfängern regelmäßig überstimmt werden dürften), ist eher wenig die Rede. Das bedeutet in der Tat, das Pferd beim Schwanz aufzuzäumen.
Deutsche Banken und Sparkassen sind im Interesse ihrer Kunden nachgerade verpflichtet, diesen Anfängen zu wehren.
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